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Starre Pflege-Fronten

■ Vor Bundesratsentscheidung will CDU mit Kampagne Druck machen

Bonn (AFP/dpa) – Fünf Tage vor der Entscheidung des Bundesrats über das umstrittene Pflegegesetz der Bonner Koalition haben sich die Fronten am Wochenende verhärtet. SPD-Chef Rudolf Scharping lehnte Lohnkürzungen an Feiertagen oder den Wegfall von zwei Feiertagen zur Finanzierung des Arbeitgeberanteils an der Pflegeversicherung erneut scharf ab. Gleichzeitig warf er der Koalition vor, eine „greifbar nahe Einigung“ zu boykottieren. Die Union machte weiter Druck auf die SPD.

So kündigte CDU-Generalsekretär Hintze an, das Präsidium der Partei werde heute eine „Aktionswoche für die Pflegebedürftigen“ beschließen, um die Versicherung vor dem Scheitern zu bewahren. Scharping warf Kohl vor, er beuge sich dem Druck der FDP und sei bereit, die Pflege als „Instrument für zusätzliche Umverteilung“ zu benutzen. Bonn wolle, daß die Wirtschaft „doppelt soviel einspart, wie sie für die Pflege ausgeben müßte“. Das vom Vermittlungsausschuß von Bundestag und Bundesrat vorgelegte Ergebnis sei ein gutes Stück von dem entfernt, wozu die SPD bereit sei.

In Baden-Württemberg und Berlin, wo große Koalitionen regieren, sorgte die bevorstehende Abstimmung im Bundesrat für Streit. Und auch in der Brandenburger Ampelkoalition aus SPD, FDP und Bündnis 90 bahnt sich ein Konflikt an. Während Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) am Wochenende betonte, sein Land bleibe auf SPD-Linie, sagte Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP), eine Verweigerung der Zustimmung in der Länderkammer sei „unverantwortlich“. Er sehe einen „klassischen Konflikt“ wie bei der Mehrwertsteuer, wo Brandenburg einer Erhöhung auf 14 Prozent im Bundesrat gegen das Votum der SPD-Bundesspitze zugestimmt hatte. Das Land Brandenburg hat in der Länderkammer vier Stimmen, genausoviel, wie Union und Liberale zusätzlich benötigen, um das Gesetzespaket in der SPD-dominierten Länderkammer durchzusetzen.

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