■ Standbild: Andere Umstände „Mutter Maschine“
(MutterMaschine, Fr. 19.8., ARD, 21.55 Uhr). 35 Minuten hatte Sabine Zurmühl um die Problematik von Leihmutterschaft darzustellen – kaum Raum für großartige Neuigkeiten. Getreu dem Anspruch öffentlich-rechtlicher Ausgewogenheit reihten sich also Leihmütter, ein katholischer Moraltheologe, ein US –Baby-Vermittler, eine Journalistin, eine Juristin und zwei Vertreterinnen des feministischen Gesundheitszentrums Frankfurt durcheinander.
Der BRD-Mietmutter wurde die Knete (27.000 DM) eh gleich von ihrem Ex-Mann weggenommen, der katholische Oberhirt möchte Frauen prinzipiell an Muttermoral und Arbeit ketten (“Empfangen, austragen, gebären und erziehen sind eine Einheit“), die feministischen Finrrage-Vertreterinnen fürchten die „Brutmaschine Frau als Facette eines gigantischen patriarchalen Konzepts“ (“Schwangerschaft ist mehr als ein körperlicher Vorgang“).
Daß der Oberguru der US-Leihmutter-Szene seine profitträchtigen Institute und sich selbst als überaus menschenfreundlich verkaufte, war voraussehbar. 225Babies vermittelte McKeane bisher – 40 sind unterwegs. Pro Stück gibt's 7000 Dollar für den Vermittler. Die Bilder aus den Besichtigungsräumen seiner Agentur erinnern an Bordellsituationen – trotz hochgeschlossener Kleidung der sich präsentierenden potentiellen Mietmütter.
Zwischendurch ein paarmal erfrischende Querideen zum Thema: Eva-Maria von Münch wandte sich vehement „gegen eine Kriminalisierung der Leihmütter“ und forderte ein Besuchsrecht für die gekauften, bei ihnen ausgetragenen Kinder. Eine stolze US-Mietmutter (“oh, it's wonderful“) im Haus mit „schönem Grundstück“ sowie zwei niedlichen Kindern, alles durch Leihmutterschaft finanziert. Es sei, so Mrs. Boff, „eine unglaublich tolle Erfahrung, anders als bei eigenen Kindern, für andere Leute schwanger zu sein. Der Stundenlohn liege aber nur etwas über einem Dollar, weshalb also die Aufregung?“
Am Schluß Auftritt Elizabeth Kane, erste Vorzeige –Leihmutter aus den USA und mittlerweile Mitbegründerin einer feministischen US-Organisation gegen das Leihmuttergeschäft. Sie berichtet von Depressionen und Leid, weil sie die Entwicklung des von ihr geborenen Kindes nicht verfolgen konnte und die Moral der Nachbarn ihr zusetzte (“Wir mußten in eine andere Stadt ziehen“). Leihmutterschaft sei Prostitution. Diese Schlüsselaussage zum Thema hat Sabine Zurmühl leider nicht genauer problematisiert.
Es ist bei den Leihmüttern wie in der „normalen“ Prostitution. Gewöhnlich tun's die Ärmsten, aber es gibt auch die anderen, die stolz sind, die, die von ihrem „Schicksal“ nicht befreit werden wollen „weder von katholischen noch feministischen Moralistinnen“.
Der Unterschied zwischen einer Mietmutter und einer ehelichen ist oft nur ein geringer (die eine tut's für Lohn, die zweite für den Platinring aus der Werbung). Leihmütter sind immer Rabenmütter, weil sie beängstigend offen zeigen, daß es Frauen gibt, für die Schwangerschaft eben nicht mehr ist als ein körperlicher Vorgang. Hier erstarrt die Volksseele, denn es ist iiihh, zu zeigen, was andere abgeschwächt und durch's bürgerliche Gesetzbuch legalisiert alltäglich tun.
Müßig ist es vorerst, sich vorzustellen, ob Leihmutterschaft unter anderen gesellschaftlichen Bedingungen (Frauen hätten ein Selbstbestimmungsrecht über ihren Körper und ihre Lebensplanung) eine veränderte Bedeutung haben könnte – unter Frauen! Heute sind Männerherrschaft und Männermacht angesagt und Frauen ziehen immer den Kürzeren. Andere Umstände müssen also her und nicht soviel moralisches Geschwätz.
Katja Leyrer
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