Standbild: Doof bleibt doof...
■ "Gong-Show", Mi., 22.30 Uhr, RTL
Wenn es darum geht, kostengünstige Shows mit Minimalkonzept auf den deutschen Flimmermarkt zu werfen, waren die pfiffigen RTL-Strategen schon immer unschlagbar. Ob nun Otto Normalverbraucher und Lieschen Müller sich für „Tutti Frutti“ aus den Fummeln schälen, einander bei der „Traumhochzeit“ das Ja-Wort verabreichen, bei „Showmaster“ ihr Talent als Entertainer versuchen, sich von Tante Erika im Stellungskrieg beraten ließen, an Freiwilligen, die sich mit Inbrunst öffentlich zum Affen machen, herrscht offensichtlich kein Mangel. Und seien wir doch ehrlich, bekennen wir uns zu Couch-Voyeurismus und Schadenfreude: Meist nehmen sich diese armen Säcke aus des Volkes Mitte doch immerhin noch lustiger aus als — sagen wir — ein Max Schautzer, der eigentlich auch nur den Doof mimt. Nur weit verquälter, aber dafür aus dem Gebührensäckel bestens bezahlt.
Nun also auch noch regelmäßig die „Gong-Show“, das zweifellos offensivste Unternehmen in Sachen galoppierender Schwachsinn, das RTL bislang in unsere Stuben gebracht hat. Da kamen erwachsene Menschen auf die Bühne und versuchten sich in Darbietungen künstlerischer Art. (Man erspare mir Details.) Eine Jury (mit dabei Tele-Kasper Ingolf Lück und der Typ, der früher immer 5-Minuten-Terrinen aufsägte) hatte dann jeweils den Vortrag mit einem schwer phallischen Hammer abzubrechen oder gutzuheißen, indem sie Pappteller mit rätselhaften Nummern hochhielt. Wer auch nur halbwegs gerade gehen oder singen konnte, fiel durch, wer nicht, kam in die Wertung. Mit 24,5 Punkten gewann schließlich ein gewisser Ewald Koch, der aussah, als könne er die 1.000-Mark-Siegprämie/Schmerzensgeld auch gut gebrauchen.
Wäre einem das Spektakel während eines Tages der offenen Tür von Insassen einer psychiatrischen Anstalt vorgeführt worden, hätte man wahrscheinlich betreten weggeschaut, aber im Fernsehen, wo doch alle gesund und freillig dabei sind...? Eine Show, bei der von vornherein nicht mehr zu entscheiden ist, ob sie nun schlicht dämlich oder Satire sein will, ihre eigene Dämlichkeit vorzuwerfen, wäre dämlich. Nur, sollte der honorige Dr. Götz Alsmann, alias Dr. Bop, als Moderator derart Parodistisches im Sinne gehabt haben, war das Ergebnis doch ausnehmend dürftig, weil schlicht uninspiriert langweilig. Wieder gegen den galoppierenden Schwachsinn der „Privaten“ zu wettern, besteht dennoch kein Anlaß. Wer letzte Woche „Deutschland lacht“ im ZDF gesehen hat (die ARD zieht ab September mit „Gaudimax“ nach), weiß, was öffentlich-rechtlicher Humor ist. Hubert Hottner
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