■ Standbild: Kein Spiel
Zypern, unsere Liebe. Das kleine Fernsehspiel, ZDF, Dienstag, 23 Uhr
Das war eigentlich gar kein Fernsehspiel. Das war Realität, vergangene und heutige. Der griechische Zypriote Panikos Chrysanthou und der türkische Zypriote Nyazi Kizilyürek haben das scheinbar Unmögliche unternommen, einen Film über ihre geteilte Heimat zu drehen, ohne sich in gegenseitigen Schuldzuweisungen zu ergehen.
Schauspieler braucht es da nicht. Die handelnden Personen sind Zyprioten. Sie erzählen von Krieg und Bürgerkrieg, von Morden, Vergewaltigungen, Vertreibungen, Plünderungen. Doch sie vergeben.
Kulissen sind auch nicht notwendig. Als passender Hintergrund ergeben sich die rußgeschwärzten Ruinen von Geisterdörfern und die verlassenen Häuser entlang der UN-Pufferzone im geteilten Nikosia: schaurig schöne Bilder in langen Einstellungen. Die Ruinen dokumentieren die Geschichte des Nationalismus, die Augenzeugen erzählen sie.
Es sind einfache Geschichten von einfachen Leuten. Und doch kompliziert: Das beginnt schon damit, daß Nyazi Kizilyürek, der Zyperntürke, zwar aus dem heute türkischen Norden kommt, aber ursprünglich aus dem Süden vertrieben wurde. Panikos Chrysanthou, der zyperngriechische Regisseur, lebt im griechischen Süden, kommt aber aus dem Norden.
Der türkische Schäfer, der als einer von wenigen im Süden geblieben ist. Fatma, die nach Versöhnung ruft. Marios, der berichtet, wie sie als Kinder einen Türken beschossen. Der Mönch, dem die Nachbarn in den Kopf schossen, „weil seine Hunde unsere Schafe fressen“. Die Frau, die zusehen mußte, wie ihr Mann von Soldaten erschossen wurde. „Täglich sterben wir von neuem, und das seit 18 Jahren“, sagt einen türkische Zypriotin beim Besuch ihres alten Heimatdorfs.
„Wir sind alle schuldig“, das ist die Botschaft dieses Films. Nicht gerade eine neue Erkenntnis, mag mancher da denken. Doch für ein Land wie Zypern, in dem Nationalismus auch heute noch zentraler Bestandteil der Kultur ist, eine revolutionäre Aussage. Was uns täglich und meist anonym in Bosnien vorgeführt wird, in diesem Film waren die Ergebnisse der „ethnischen Säuberungen“ zu besichtigen: Zerstörte Dörfer, zerstörte Menschen. Und trotzdem Hoffnung. Klaus Hillenbrand
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