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■ StandbildDie gute Heide

„Keine Angst vor Zoff“, Mi., 20.15 Uhr, ARD

Das nennt man Mut: Zur besten Fernsehzeit sendet die ARD ein kreuzbraves Portrait über eine politische Spitzenkraft. Dabei genießen Parteipolitiker derzeit einen Ruf, der den von Trickbetrügern mühelos unterbietet. Gewiß, vorgestellt wurde nicht irgendein Krause oder Möllemann, sondern Heide Simonis, die erste Ministerpräsidentin in einem deutschen Bundesland. Eine „Vorzeigefrau“ also. Aber: Frauen hin, Männer her – wir sollten auf unseren Kanzler hören. Zuletzt kommt es doch darauf an, „was hinten rauskommt“.

Gerade für die politische Arbeit von Heide Simonis interessiert sich Autorin Elke Hockerts-Werner nur oberflächlich. Die wenigen inhaltlichen Aussagen der 50jährigen Kieler Sozialdemokratin bleiben fast immer unkommentiert stehen. Außer dem bekannten Vorschlag, die Beamten eine Stunde länger arbeiten zu lassen, erfuhren wir von Heide Simonis' konkreten Ideen für den politischen Alltag nichts. Dafür sahen wir die ehemalige Kieler Finanzministerin beim preiswerten Konsumrausch auf dem Trödelmarkt, zu Hause mit Ehemann Udo und jedenfalls immer unkonventionell und schlagfertig bei allen möglichen Anlässen. Bitte, warum nicht: Auch PolitikerInnen sind Menschen; das ist eine Erkenntnis, an die man bei aller Kritik auch im Fernsehen gelegentlich erinnern darf.

Aber Elke Hockerts-Werner konnte ihre Bewunderung kaum bremsen, nicht in den Bildern und noch weniger in dem dazugesprochenen Text. „Selbst beim Begrüßungsschluck sorgt sie für Gesprächsstoff“, läßt uns die beeindruckte WDR-Redakteurin wissen. „Herzlich und anteilnehmend sei sie, das hört man aus ihrer Umgebung immer wieder.“ Und: „Wir sind doch keine Herrgötter, sagt sie.“

Sätze wie aus einer (nicht besonders hochklassigen) Wahlkampfbroschüre der Kieler SPD-Zentrale. Fragt sich, ob Heide Simonis das verdient hat. Thomas Gehringer

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