■ Standbild: Marktsegmentierung
„Lifeguide“, Montag, 18.35 Uhr, Kabelkanal
Der Kabelkanal war bislang eine reine Konservenfabrik. Eine Abspielstation für Spielfilm- und Serienpakete. Ein Konzept, das – wie auch schon bei Pro 7 – nur bedingt aufgeht. Die Einfügung einer Vorabend- Talk-Show scheint da ein probates Mittel hin zur Ausdifferenzierung der Marktsegmente. Dabei entspricht die Durchsetzung des Programms mit Talk- Shows der Verminung des Geländes beim Rückzug von Armeen. Überall, wo man sich hinzappt, detoniert der Unsinn, fallen Worthülsen aus entsicherten Mundwerken.
Das Sendekonzept von „Lifeguide“ signalisiert, welche Zuschauer- bzw. Konsumentengruppe man an den Kabelkanal binden will. Es sind nicht die Oldies, die von Ilona Christen und Hans Meiser zum Kaffeeklatsch geladen werden. Denn dort kann man ja nur für Heizdecken und Gebißreiniger werben. Am Tresen von „Lifeguide“ trifft sich eine andere Klientel, die zwischen naßforschem Werbetexter und trendbewußter Boutiquenbesitzerin anzusiedeln ist.
Talk-Masterin Birgit von Heintze wirkt im quietschbunten Bar-Ambiente frisch wie Atemgold und leicht überdreht wie nach einem Schluck Schweppes. In betont lockerem Jargon parliert man über die Dinge des Lebens: Dürfen Frauen fremdgehen? Drei geladene Damen sprechen über ihre Erfahrungen, und der 25jährige Christian unterbricht mit verkniffenem Dauergrinsen: „Zu Ihnen kommen doch nur die Gestörten...“, beleidigt er die 53jährige Rosalinde, die eine gutgehende Zweitpartner-Vermittlung führt.
Christian gibt zwar eine erbärmliche Figur ab, ist aber hier Identifikationsfolie für den Modellzuschauer. Die ungebrochene Wahrhaftigkeit, mit der er der großen monogamen Liebe das Wort redet, entspricht genau jenem zielsicheren Griff zum Produkt A, bei dem der Konsument sich klug und unbeeinflußt wähnt. Die Spots zwischendrin werben bei „Lifeguide“ zwar momentan noch für Käse, Bier und Sparkassen. Doch wenn das Konzept aufgeht, werden hier demnächst teure Lifestyle-Produkte beworben werden, bei denen die Verpackung am Ende kaum mehr ein reales Produkt enthält: ganz so wie die Sendung „Lifeguide“. Manfred Riepe
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