■ Standbild: Familiäre Wackelbilder
„Der Tod steht ihnen gut“, Spiegel-TV, Di., 23.10 Uhr Sat.1
Was haben der in die Jahre gekommene Drogenpapst Timothy Leary und Eileen Getty, die Enkelin des sagenhaften Ölmilliardärs, miteinander zu tun? Sie verfolgen ein gemeinsames Todesprojekt: „design your own dying“. Leary, der in den 60er Jahren für die Hippie-Bewegung den LSD-Philosophen machte, ist inzwischen 75 Jahre alt. Weißbärtig und hohlwangig gibt der Ex-Harvard-Professor bereitwillig den psychedelischen Kyniker: „Alles was wir sagen ist Desinformation.“ „Ekstatisches Leben und Sterben“ ist die Devise. Eileen Getty sekundiert mit tränentrüber Stimme: „Ich habe ein wildes Leben geführt und bereue nichts.“ Die 30jährige ist seit acht Jahren HIV-positiv. Geschuldet sei's einem verlogenen Liebhaber und einem geplatzten Kondom. Irgendwann fanden sie sich. Timothy Leary und Eileen Getty „wurden ein Paar“. Seitdem tingeln sie mit ihrer „psychedelischen Todesshow“ durch Hollywood. Krauses Videogeflimmere zu Wortfetzen, die sich nach „abgefucktem mystischen Blödsinn“ anhören.
Soweit die Geschichte, die die Spiegel-TV-Reportage unter Betonung ihrer Absonderlichkeit zu erzählen versucht. Dabei agieren Eileen und Timothy auffällig unbeschwert. Als sei's ein Home- Movie. Sorglos wackelt die Hi 8- Handycam. Lax feixen die Protagonisten ins Objektiv. Die Nähe der Einstellungen kündet von Vertrautheit. Ein Familienfilm. In der Tat: Wie der Abspann verrät, heißen die Autorinnen des Stückes Gisela Getty und Jutta Winkelmann. Sie sind „Schneeweißchen und Rosenrot“, das exaltierte Zwillingspaar, das zuletzt Rainer Langhans in einer TV- Doku vorgeführt hatte. Gisela ist mit Paul Getty III. liiert, dem Bruder Eileens, der einst als „goldener Hippie“ die Klatschspalten füllte, dem bei einer Entführung ein Ohr abgeschnitten wurde und der nach einem Trip dem Tod nur noch als Schatten seiner Selbst von der Schippe sprang.
Die Autorinnen geben ihre familiären Bezüge jedoch nicht preis. Sie machen ihre Nähe zu den Porträtierten nicht transparent, geschweige denn produktiv. Anstatt sich zur radikal persönlichen Sichtweise zu bekennen, befleißigen sie sich halbherzig einer quasijournalistischen Haltung. Was zu einem Stück Ausnahmefernsehen hätte geraten können, ist so nur zu einem Video-Sammelträger mit interessantem Rohmaterial geworden. mum
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