■ Standbild: Wir und das Böse
„Et Zetera Extra: Haß – das brennende Gefühl“ (Südwest 3 / WDR, Mittwoch, 22.55 Uhr)
Was der SDR als Extraausgabe aus der Reihe „Gefühle“ ankündigte, war zwar schon 1992 im WDR gesendet worden – ist aber immer noch aufregend. Die philosophisch unterlegte Horror Picture Show bot eine knallharte Filmmontage über uns und das Böse. Schlagzeilenhafte Motiverklärungen kollidierten mit Nachrichtenbildern, wie die Shoe maker-Kometen auf Jupiter.
Anfangs gab es noch Mord- Messer und -Hämmer zu sehen, dann gings flugs ins emotionale Unterholz: mit den Begriffen „Hackordnung“ / „Feindschema“; Bildern von Neonazis und heiklen Anthropomorphismen: „Ratten markieren sich mit Haaren. Läßt der Duft nach, werden sie verstoßen.“ Das „Abschotten eines Territoriums“ verbindet motivisch diverse dichtbepflanzte Gartenhecken, afrikanische Kriegstänze und eine marschierende Armee.
Zu Porno-Szenen heißt es lapidar und ernst gemeint: „Hypersexualisierung ist stammesgeschichtlich notwendig für die Gesellschaften im anonymen Verband.“ Ich, Tarzan, verstehe.
Der „schöpferische Haß“ wird in der Momentaufnahme eines Malers kommentarlos abgehakt und auch „revolutionärer Haß“ bloß als Mandela-Statement eingebaut („Haß gegen Unterdrückung ist sehr gut, aber nicht gegen Individuen“). Gedankenlos wird dagegen astrologischer Unfug („Mars + Pluto = Wille zur Macht) (das ist tatsächlich Unfug, denn die Konstellation Mars/ Pluto bedeutet die Aggression der Bilder, ist demzufolge eine geistige Aggression, die sich im Innern abspielt, grüßt die Säzzerin) mit Bildern von NS-Aufmärschen unterlegt.
Allzu leichtfertig wird hier mit realem Filmmaterial umgegangen. Nur manchmal schimmern Zwischentöne durch, wenn Ex- RAF-Mann Jünschke „Bulle, Schwein, Ratte“ als „Vokabular der älteren Generation“ outet und Christiane Ensslin von wildgewordenen Kleinbürgern erzählt, die Friedhöfe schänden wollen.
Die soziale Dimension des Gefühls als Ausdruck von Ungerechtigkeit wird durch derlei Extrembeispiele ignoriert. Anstatt die naheliegende Destruktivität optisch opulent zu illustrieren und abstrakt evolutionär zu argumentieren, hätte ein psychologischer Blick auf ganz alltägliche Beispiele mehr gebracht. Dieter Deul
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