Standbild: Schuß in die Hose
■ "Blaues Wunder"
„Blaues Wunder“, Mittwoch, 22.15 Uhr, ZDF
Anfänglich waren sie braun und aus Segeltuchstoff, die robusten Arbeitshosen der Goldgräber und Cowboys. Dann wurden sie blau, langsam berühmt und zum Freiheitssymbol einer rebellierenden Jugend, aber noch lange nicht salonfähig. Und heute kann man sie als längst etabliertes Kleidungsstück in allen erdenklichen Formen und Farben erstehen. Ob second- hand von der Stange oder als straßbesetztes Haute-Couture- Modell von Channel. Legendenumwobenes Kultobjekt Jeans.
Und warum heißt die Jeans nun Jeans? Sie war dem Schnitt der Genueser Schifferhosen nachempfunden. Die Amerikaner machten vor mehr als hundert Jahren aus dem italienischen Wort „genoese“ Jeans. Und aus dem blauen französischen Stoff „Serge de Nimes“ wurde Denim. Also, ein bißchen was blieb doch hängen vom ZDF-Stück „Blaues Wunder“.
Doch die Ausschnitte echter Levis-Werbung und die interessanten Passagen über die Herstellungsweise, die Historie und den Siegeszug der Jeans (dank Filmschauspielern wie James Dean, Marlon Brando und Marilyn Monroe) wurden leider immer wieder unterbrochen. Der Zuschauer mußte sich über weite Strecken eine klischeehaft inszenierte Spielhandlung anschauen: ein schönes junges Pärchen sollte uns – ganz im Levis-Liebe-Werbestil – mit der Jeans und ihrer Entwicklungsgeschichte bekannt machen. Er, ein jung-dynamischer, aber noch erfolgloser Journalist, der – wie könnte es anders sein – einen Artikel über Jeans schreiben soll; sie, die schöne Freundin an seiner Seite. Aufgepäppelt wurde die Rahmenhandlung durch manirierte Kameraeinstellungen und den Einsatz von Farbfiltern. Am Ende zerschießt er ihre Hosen: echt „Shotgun Denim“. Dazwischen immer wieder kluges Geschwätz von Karl Lagerfeld („Heute kann man sich das alltägliche Leben ohne Jeans kaum noch vorstellen“), Wolfgang Joop („Man möchte ja nicht immer elitär wirken, sondern man möchte auch so sein wie der andere“) und weiteren berühmten Herren aus der Designerriege. Populäre Musikeinlagen aus den Nachkriegscharts untermalten das Ganze. Ohne weiteres hätte die knappe Stunde Sendezeit auf 15 wirklich informative Minuten verkürzt werden können. Was es mit dem blauen Wunder auf sich hat, hätten wir dann vielleicht ohne lästige Umschweife erfahren. Henriette Klose
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen