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■ StandbildUnerwiderte Liebe

„heute nacht“, Dienstag, 23.35 Uhr, ZDF

Es klingt wie Clinton und soll das Facelifting eines Mainzer Markenartikels symbolisieren: Smart umgurrt ein Saxophon die bekannte „heute“-Melodie. Deren Spätausgabe sei eine „heute- Sendung mit Lidschatten“, erklärte Redaktionsleiter Ekkehardt Gahntz im Vorfeld – wegen der bunten Meldungen.

Ganz so romantisch ist die ZDF-Affäre mit dem Spätpublikum allerdings nicht gemeint, die Mainzer sehen sich vielmehr im Zugzwang gegenüber der privaten Konkurrenz – wie dem RTL- Trendsetter „Nacht-Journal“. Während dort eher harte News abgekocht werden, wagt sich das ZDF mit tapsigem Schritt auf den Boulevard. Nach den obligaten Erdbeben auf den Kurilen und in Japan ist der Start des Astronauten Ulf Merbold aus der Sicht seiner Ehefrau zu sehen, die sich in banger Angst die Hände vors Gesicht hält. Reality-News – nur daß nichts passiert.

Bald schon sind wir bei der Kür der Damen. Moderatorin Nina Ruge reiste eigens nach Berlin – zur Homestory bei Herzogs. Vom schicken rosa Wiedervereinigungsfeier-Kostüm sind es nur einige Schritte bis zum barocken Schreibtisch, an dem Christiane Herzog sich für Mukoviszidose-Kranke engagiert. Ist das Leben nicht wunderbar?

Carlos Santana schwärmt am Abend seines Tourneestarts schon vom nächsten Woodstock auf Kuba. In Paris funkeln die Kilowattboliden des Automobilsalons. Selbst der „spirit of ecstasy“ war mit dabei – allerdings nicht in der kurz erwähnten Berliner Raver-Drogenbroschüre, sondern bloß als Pantomime der gleichnamigen Rolls-Royce- Kühlerfigur. Die schöne aktuelle Welt als Buffet der News-Häppchen – aufgespießt.

In dieser „heute“-Nacht wurden die öffentlich-rechtlichen Flaneure nicht so recht von der Muse geküßt. Besonders belanglos die „Kult-Tour“, eine öde TV-Illustrierte mit vielen bunten Bildern und bewegenden Botschaften: Madonnas neue CD kommt auf den Markt. Nina Ruge fehlt offenbar noch der Mut zum feuilletonistischen Flirt mit den Fakten – einfach die Agenturbilder mit roten Augen zutexten genügt angesichts der drängenden Konkurrenz auf der Nachtschiene nicht. Fazit: Die Liaison von Aktuellem und Atmosphärischem, die schon in der Titelmelodie als überladen anklingt – sie muß noch ausbalanciert werden, bevor aus diesem Abziehbild ein Image wird. Dieter Deul

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