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■ betr.: "Alles Liebe ... oder was?"

„Alles Liebe ... oder was?“, Dienstag, 23.45 Uhr, Sat.1

„Wer im Frühjahr keine Braut hat, der hat auch im Herbst keine Frau“, wußten schon Insterburg & Co. und waren damit dem Verse schmiedenden Bauern schon wieder eine Regel voraus.

Auch in der Stadt, wo es viele junge Menschen hat, findet das Höcksken nicht so ohne weiteres zum Stöcksken, und an dieser Stelle nun kommt Philip Gassmann ins Spiel. Er entnimmt der amorphen Masse fünf junge Menschen, drei davon weiblichen, der Rest männlichen Geschlechts, allesamt durchweg repräsentabel, und läßt sie quasi aufeinander los. Da haben wir Reno, ein Prachtkerl dank Pappi, 22 Lenze jung, Musiker und eher maulfaul. Zudem Jürgen, 31, im Stadium universitärer Ausbildung begriffen und nebenher Dienstleister. Patricia ist zu taff für manch einen Herrn, kennt keine sexuellen Tabus und schreckt auch vor Handschellen nicht zurück. Beate zieht fesche Indianer strohblonden Jünglingen vor, sofern der erste Eindruck nicht durch weiße Socken, Cowboystiefel oder Bartwuchs beeinträchtigt wird, und schreckt ihrerseits nicht vor Maulschellen zurück. Heike schließlich findet das absolut unmöglich, „wenn einer net g'scheit essen kann“, womit es, scheint's, in Bayern noch häufiger Probleme gibt.

Von links nach rechts und über Kreuz vergnügen sich also die Gören, küssen und schlagen sich wohl auch mal, bevor sie dann ins Studio verfrachtet werden und vor Publikum und laufenden Kameras freimütig Bericht erstatten müssen.

Insbesondere die Damen sind gefragt, und den Herren verlängern sich allemal die Gesichter, wenn Sprüche aufs Tapet gelangen wie: „Da quillt das Chaos aus der Wohnung“, „den kannst du Mammi vorzeigen“ oder „der läßt arbeiten und sich den Präser drüberrollen“. Mit Gejohl und Krakeel quittiert das Auditorium – auch dort sind Damen in der Überzahl – alles Doppeldeutige und Schlüpfrige.

Gassmann immerhin muß man zugute halten, daß er das garstige Treiben souverän lenkt, hie und da schlagfertig pariert und durch geziemende Ironisierung die schlimmsten Peinlichkeiten vermeidet. Nun je, mag ja sein, daß sich neben Schadenfreudianern auch das eine oder andere Zuschauersegment an derlei Kalamitäten delektiert. Seh-Bärs Hauptgedanke aber war, in Anlehnung an Brummbär Harry Rowohlt: Da freut man sich doch, daß man nie so jung gewesen ist ... Harald Keller

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