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■ Standbild08/15: "Willemsens Woche"

„Willemsens Woche“,

22.50 Uhr, ZDF

Madonna war offensichtlich nicht ganz wohl bei der Veranstaltung. Da saß sie auf dem Sofa ihrer Pariser Hotel- Suite einem Lulatsch mit Hornbrille gegenüber, der ihr ständig mit schwer meta-mäßigen Fragen über die Abgründe des Erfolges und ihren Vaterkomplex kam. Irgendwann rutschte es ihr heraus: „Warum hab ich ständig das Gefühl, mit meinem Psychiater zu reden?“ Hatte ihr denn niemand gesagt, wer Roger Willemsen ist?

Am Freitag zeigte sich der Hans Meiser für die gebildeten Stände erstmals allen Unverkabelten. Ein Studio mit applaudierendem Publikum, Musik-Combo, wabenlastigem Wandschmuck und einer Polstergarnitur. Alles gediegen, alles edel. Und drei Gäste. Helmut Berger, der bekannte, auch mal Punk gewesen zu sein (gibt's da Fotos?), die rhythmische Gymnastin Magdalena Brzeska, die erklärte, wo's wehtut beim Spagat, und Patrice Cheŕeau, der über seine cineastische Schlachtplatte „Bartholomäusnacht“ plaudern durfte. Dazu als Einspielfilmchen Madonna und per Satellit Dame Edna.

Doch der Small talk mit der australischen Schrillität kam über die normale Peinlichkeit einer verkaufsfördernden Maßnahme („My friend Roger“) kaum hinaus. Wie überhaupt von jenen Qualitäten, die Herrn Willemsen zu 0137-Zeiten mal auszeichneten, wenig zu sehen war. Nun gut, der Mann kannte sich in den Biographien seiner Gäste besser aus als sie selbst. Aber ansonsten mühte sich hier einer angestrengt als lockerer Entertainer, der einst für Furore sorgte, indem er alle ungeschriebenen Gesetze des Fernsehens mißachtete. Und so war das Debut von „Willemsens Woche“ kaum mehr als ein weiteres Allerwelts- Plauderstündchen. Reinhard Lüke

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