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■ StandbildEin Feigenblatt genügt

„Telestar“-Verleihung, Freitag, 20.15 Uhr, ARD

Einmal im Jahr vergeben die Öffentlich-Rechtlichen Preise unter dem Titel „Telestar“, von denen sie behaupten, daß die privaten Sender dabei nicht benachteiligt werden. Alles Lug und Trug. Doch den ganzen Zimt als Selbstbeweihräucherung zu bezeichnen wäre untertrieben. Als am Ende der Zeremonie Marie- Luise Marjan den Preis für ihre Hauptrolle in „Kein Rezept für die Liebe“ erhielt und es nicht lassen konnte „Guckt immer schön die Öffentlich-Rechtlichen!“ auszurufen, war die Feier längst auf das Niveau eines Verschnitts aus „Oscar“-Zeremonie und Jahresmedaillenvergabe des Bundes deutscher Wurmzüchter heruntergekommen.

Immerhin, so verrieten Insider, wäre Heidi Kabel geehrt worden, wenn nicht die Lindenstraßen-Mutti. Und daß Hansi Fischer, ARD-„Mittagsmagazin“-Moderatorin, auch einen Preis bekam, hat sie nur dem Umstand zu verdanken, daß die Jury das christsoziale Teleduo Bodo Hauser/Ulrich Kienzle verhindern wollte. Der Rest darf als okay hingenommen werden: natürlich Georg Stefan Troller, dann Regisseur Rainer Kaufmann, außerdem Gerd Dudenhöfer, Jürgen Vogel und Max Färberböck, schließlich Steffen Seibert (für die beeindruckende New-York-Hommage „Das Grauen und der schöne Schein“) und Corinna Harfouch. Ein Sonderpreis für die ZDF-Redaktion „Das kleine Fernsehspiel“.

Aber gab es da nicht auch Produktionen der Privaten, die Qualität dokumentierten? Etwa „Liebe Sünde“ von Matthias Frings oder der Böhmesche „Talk im Turm“? Doch wie sollte geehrt werden, was in der Jury gar nicht verhandelt werden kann – weil die Vorauswahl völlig ARD- und ZDF-lastig ist. Immerhin: Wigald Boning bekam einen Förderpreis für seine RTL- „Samstag nacht“. Ein Feigenblatt.

Die Hauptlast, das geladene Volk im Kölner Hotel „Maritim“ vor dem Einschlafen zu bewahren, trug Hape Kerkeling. Aber er war mit seinen Scherzen, mit seinem Willen, der faden Geschichte etwas Glamour und Esprit einzuhauchen, am falschen Ort. Sein artig-ätzender Dank in Richtung WDR-Intendant Friedrich Nowottny („Vielen Dank für die schöne hohe Gage“) wurde vom Angesprochenen mit einem kalten Blick samt eingefrorenen Mundwinkeln quittiert: eine Intendanz ohne Souveränität. Jan Feddersen

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