■ Standbild: Robin Hood, hilf! / "Ein bißchen Glanz und Gloria"
„Ein bißchen Glanz und Gloria“, Sonntag, 21.40 Uhr, ARD
Vorbildlich beschäftigte sich Kevin Costner bei RTL mit dem Adel. Aber statt sich an ihm – der im Sherwood Forest den Hochwohlgeborenen zum Zwecke einer Vermögensumverteilung auflauerte – ein Beispiel zu nehmen, hatte der WDR eine ganz erstaunlich seichte PR-Sendung für Deutschlands Blaublütige fabriziert.
Der rote Faden, der sich durch die „Geschichten aus deutschen Adelshäusern“ zog, waren die ständigen Beteuerungen irgendwelcher Herzöge vor ihren Schlössern, sie stünden genauso im Leben und müßten genauso arbeiten und Geld verdienen wie jeder andere Bürger auch. Einige moderne Hofnarren, die sich nicht schämten, als „Adelsreporter“ bezeichnet zu werden, durften das bestätigen: „Adelige sind eigentlich genauso Menschen wie du und ich, meistens arbeiten sie und erfüllen ihren Job wie jeder andere auch, acht bis zwölf Stunden am Tag sogar.“ Sehr wohl, so verriet uns auch Carl Herzog von Württemberg, sei so ein Erbe auch ein „hartes Stück Arbeit“. Genau.
Wie nicht anders zu erwarten, wurde dann auch noch jemand gefunden, der sich „zwar nicht als Monarchisten bezeichnen würde“, aber vorsichtshalber doch mal laut über die Wiedereinführung der Monarchie in die Kamera dachte. Und sogleich den wesentlichen Vorteil dingfest machen konnte: „In einer Monarchie hätten wir auf jeden Fall nicht so viel Ärger mit den Politikern!“ Soso.
Den Höhepunkt der Sendung lieferte dann Medienforscher Jo Groebel mit seinen äußerst unbeholfenen Erklärungsversuchen zur Funktion der „Adelsberichterstattung“ in der Yellow Press: „...wird auch von Leuten gelesen, die sonst einsam sind und tatsächlich so etwas wie Freundschaft zu den dort beschriebenen Figuren entwickeln, (...) Vorbilder ableiten, die auch für das eigene Leben zentral sind...“ Aber das WDR-Team war so früh im neuen Jahr nicht an Klärungsversuchen interessiert: „Warum so kompliziert gedacht, Herr Professor, dürfen Bilder von einer Märchenhochzeit nicht einfach nur schön sein?!“ Sprach's tatsächlich aus meinem Fernseher, und dann flimmerten Bilder einer „Adelshochzeit“ los.
Nun, wenn ich einsam wär' und Freunde, Vorbilder für mein zentrales Leben suchen tät'... Dem war aber an Neujahr nicht so, weshalb ich dann hier ausschaltete. Martin Sonneborn
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