■ Standbild: Dalli-Dalli
Rückblende: Vor 70 Jahren geboren – Hans Rosenthal“, Freitag, 23 Uhr, West3
Natürlich läßt sich die Rückblende vor allem anderen von „Dalli-Dalli“ blenden. Und natürlich ist das erste, was einem zu Hans Rosenthal einfällt, sein kindlicher Freudenhüpfer „Das war Spitze!“. Und natürlich wissen wir längst, daß sich hinter dieser mutwilligen Spaßigkeit ein sehr dramatisches Leben verbarg. Als Vollwaise mußte sich der Sohn Berliner Juden über zwei Jahre in einer Lichtenberger Laubenkolonie vor der Gestapo verstecken.
„Zuversicht und Lebensbejahung“ habe das Naturell von Hans Rosenthal stets bestimmt, erinnert sich ein ehemaliger Schulkamerad von der jüdischen Mittelschule in der fünfzehnminütigen Erinnerung. Mehr darf der Mann nicht sagen, obwohl ihm über die Plattitüde hinaus sicher so einiges einfiele.
Aber da schweift die Kamera schon suggestiv durch eine fiktive Laube, will die Rückblende das Drama mit kräftigen Schlaglichtern beleuchten. Nur selten kommt Hans Rosenthal selbst zu Wort. Er habe nicht gern über diese Zeit geredet, erklärt das seine Frau. Was es zu sagen gab, hat der Ratekönig in seiner Biographie „Zwei Leben in Deutschland“ geschrieben. Das sollte uns wohl reichen, meinte Rosenthal, damals Vorsitzendender der Berliner Jüdischen Gemeinde. Auch in dieser Funktion war der Berufsunterhalter stets um Integration bemüht.
Er habe eben in der schlimmsten Zeit auch zwei gute Deutsche kennengelernt, die ihn einst mutig aufnahmen, die Essensmarken und die Gefahr ohne Nachfrage mit ihm teilten. Daher käme es wohl, daß er keine Ressentiments gegenüber den Deutschen habe.
Daher kommt es wohl, daß ausgerechnet Hans Rosenthal im Nachkriegsdeutschland zum absoluten Sinnbild der Verdrängungsunterhaltung werden konnte.
Ungeheuer dalli-dalli rast die Rückblende durch sein Leben. Die Titel seiner Erfolgsshows „Wer wagt, gewinnt“, „Spaß muß man haben“ oder „Allein gegen alle“ müssen eine persönlichere Betrachtung seines zwiegespaltenen Lebens ersetzen.
Für Erinnerungen hat das Fernsehen heute eben kaum mehr als eine Viertelstunde übrig. Und es gibt ja so vieles, das eine Rückblende wert ist: „Silber aus Lehm“, heißt die nächste Folge, „Deutschland Aluminiumhütte“. Dalli-Klick. Das nächste Bild, bitte! klab
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