■ Standbild: Abgesang total
„Rap total“, Donnerstag, 23 Uhr, ARD
Ob ich nicht zu alt bin für ein Rap-Feature? Gewiß. Aber ich bin bestimmt nicht älter als diejenigen, die den ARD-Beitrag „Rap total“ gemacht haben. Und die haben es wiederum genau so gemacht, daß ich es anschauen kann, ohne mir zu alt vorzukommen. Es geht also nicht um den Rap, sondern darum, daß ich ihn verstehe.
„Rap total“, eine WDR- Coproduktion von Susan Shaw, ist ein solide recherchierter Film, der die Geschichte der Rapper so darstellt, daß die Redakteure bei der wöchentlichen ARD- Schaltkonferenz nichts zu meckern haben. Einigermaßen minutiös wird die Historie aufgerollt, von den Anfängen in den 70ern bis zu den Aufständen in Los Angeles 1992. Gerade weil der Film zeigt, daß Rap kein Phänomen ist, das wir goutieren wie eine Ausstellung vom örtlichen Kunstverein, wird es um so fragwürdiger, daß ich vor dem Fernseher sitze und mich von „Rap total“ gut informiert fühle. Der Eindruck, am Ende zu wissen, was Rap ist, ist der Beweis dafür, daß wir es nicht wissen.
Diese Differenz führt das Fernsehen ein, das die einzelnen Rapper artig nacheinander präsentiert: Der Rap-Kritiker referiert den theoretischen Background und die Roots; ein Priester zitiert Grandmaster Flash und unterscheidet moralisch integeren Rap von Gangsta-Rap. Als der fünfte Rapper in moderatem Ton geklagt hat, wie übel die Schwarzen dran sind, hat es auch der letzte Zuschauer kapiert.
Der Rap hat sich einst abseits der privilegierten Kultur-Vervielfältigungs-Maschinerie entwickelt. Dem Film rutscht sein Gegenstand in dem Maße durch die Maschen, in dem er das Phänomen auf die Perspektive bürgerlichen Kulturverständnisses herunterkocht. Manfred Riepe
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