■ Standbild: Schulbuchmäßig
„Ende einer Dienstfahrt“, Dienstag, 22.15 Uhr, ZDF
600 Menschen jährlich betreiben Mißbrauch von Straßenbahnen. Sie fahren schwarz. In die Hölle. Franz Tartarotti hat endlich einen Film über die wahren Opfer des suizidalen Schienenverkehrs gedreht, die Straßenbahnfahrer: „Ende einer Dienstfahrt.“ Das Beste an diesem Film ist der Titel. Denn die hausbackene Art, wie auf filmischer Ebene um die Anteilnahme der Zuschauer an dem gefährlichen Job gebuhlt wird, hatte bisweilen groteske Züge.
Gefährlich springen Passanten seitwärts ins Bild. Im Gegensatz zur Straßenbahn in der Wirklichkeit hält der Film hier an und suggeriert mit erhobenem Zeigefinger: Den hätte es jetzt beinahe erwischt! Acht- und sorglos schlendern Menschen in der Fußgängerzone über die Gleise. Sehen sie denn nicht die tödliche Gefahr, die sich im Schrittempo nähert!? „Ende einer Dienstfahrt“ von Franz Tartarotti wirkte streckenweise wie eine Mischung aus „Der siebte Sinn“ und „Monthy Pythons's Flying Circus“.
Das Abgründige, das in diesem Thema steckt, konnte der Film kaum vermitteln. Die Art und Weise, wie jene drei Straßenbahnfahrer(innen) in Szene gesetzt wurden, während sie von ihren traumatischen Erlebnissen berichteten, hatte eine fast schon leutselige Betulichkeit. Berichtet der türkische Straßenbahnfahrer davon, wie ihn Schwager und Freunde im Rahmen einer Art Dominospiel zum Reden brachten, so bringt es überhaupt nichts, eine derartige Szene zu filmen. Auch daß die Interviews auf eine Aneinanderreihung von Kernaussagen zusammengeschnitten waren, trug nicht dazu bei, zu vermitteln, was in den Köpfen derer vorging, die sprachen.
„Ende einer Dienstfahrt“ ist ein Film, der wie ein Uhrwerk funktioniert und kaum eine persönliche Note entfaltet. Das Thema wird mit einer gewissen schulbuchmäßigen Klarheit ausgebreitet. Die wichtigsten Punkte werden angesprochen. Der in diesen Fällen obligatorische Psychologe kommt auch zu Wort.
Aber im Gegensatz zur realen Straßenbahn, der man gewöhnlich noch ausweichen kann, erwischte einen diese ZDF- Dienstfahrt auf eine ganz heimtückische Weise. Zurück blieb eine eigentümliche Leere im Hirn, die sich erst in der anschließenden Wiederholung von „Ein Fall für Zwei“ löste. Manfred Riepe
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