■ Standbild: Lieber zur Tanke
„Sonntags geöffnet“.
Sonntag, 19.10 Uhr, RTL
Einkaufen im Fernsehen hat Konjunktur. Nach dem Shoppingkanal H.O.T. jetzt eine Soap aus dem Einkaufszentrum. Daß laut Umfrage über die Hälfte der Deutschen auch am Sonntag shoppen wollen, nahm RTL zum Anlaß, dreizehn Folgen über „eine tüchtige Centermanagerin und einen umtriebigen Hausinspektor“ zu drehen.
Mit „Sonntags geöffnet“ verkauft uns RTL allerdings ein schwerverdauliches Sammelsurium abstruser Geschichten: Eine Braut flieht vor ihrem Zukünftigen ins Kaufhaus, um sich dort mit dessen bestem Freund im Treppenaufgang zu verstecken, während in der Bettenabteilung eine Frau ihr Baby zur Welt bringt. Was das mit dem Ladenschlußgesetz zu tun hat? Fragen Sie die Frau am Informationsschalter.
Die „heiteren und spannenden Episoden“ wurden anscheinend nicht nur in völliger geistiger Umnachtung geschrieben, sondern auch nachts gedreht. Damit dem dilettierenden Ensemble keine echten KundInnen in die Quere kamen, wurde ein Großteil der Serie zwischen 20 Uhr abends und 6 Uhr morgens im Hamburger Neumarkt-Centrum gefilmt. Die Spuren der Nachtschicht sind offensichtlich: Übermüdete Schauspieler reißen die Augen auf, als hätte man ihnen den Kaffee intravenös verabreicht.
Den Höhepunkt kuhäugiger Talentlosigkeit markiert Gundula Liebich als jugendliche Managerin des Einkaufszentrums. Mit Lederjacke und Schlabberpulli rennt sie irre lächelnd durch die sterile Geschäftsstraße und sorgt durch bloßes Phrasenauflegen für ein Happy- End.
Weg mit dem Ladenschluß? Angesichts der stupiden Belegschaft im RTL- Store kauft man das Nötigste doch lieber an der Tankstelle.Oliver Gehrs
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