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■ StandbildNoch 'n Kesselchen Buntes

FreitagNacht, 22.05 Uhr, Vox

Eine ausgedehnte Weltreise hat sie also gemacht, die Sandra Maischberger. Hat sie jedenfalls in Vorab-Interviews wissen lassen, um ihre Abwesenheit vom Bildschirm zu verplausibilisieren. Schön, schön. Hätten wir sonst womöglich gar nicht gemerkt. Das mit der Reise und der Abwesenheit vom Schirm. Nu ist sie also wieder da. Mit einer Mixtur aus Magazin und Talk, das sich da reichlich ungleichzeitig „FreitagNacht“ (zusammengeschrieben, so was kommt keß) nennt.

Oder sollte sich da in den Lebens- und Ratzgewohnheiten der Bundesbürger irgendwas schwer verschoben haben? Schließlich startet das ZDF heute ein Projekt, das schlicht mit „Abendmagazin“ betitelt ist. Um 17 Uhr! Wenn das so weitergeht, wird man demnächst ‘n Zacken früher aus den Federn müssen, um irgendein „Mittagsmagazin“ nicht zu verpassen.

Aber zurück zu „FreitagNacht“. Was sich da nach branchenüblichem Intro (Heli-Flug über nächtliches Lichtermeer (HH), garniert mit ein paar Klub- Live-Szenarien, für 55 Minuten auf dem Schirm breitmachte, war bestenfalls ein weiteres Kesselchen Buntes, das bislang auch noch keiner vermißt hatte. Ein Studio mit ein paar Stahlgerüsten und dem für Live-Sendungen immer wieder gern genommenen Blick nach draußen (fließender Verkehr und Schneegestöber), Filmbeiträgli und Talks. Von der Moderatorin mal gesessen, mal gestanden.

Obwohl: Die erste von fünf Themenabhandlungen war gleich von angenehmer Kurzweil. Zum Problemkreis „Lohnschock“ (nach der letzten Steuerreform) gab's einen ausgewiesenen Experten zum Thema: Eberhard von Brauchitsch, inzwischen im Aufsichtsrat von Buna untergekommen. Also, daß der sich in Sachen Parteispenden auskennt, logo, aber ... Doch der Nadelstreifen machte sich mit Verve zum Sachwalter der Nöte der kleinen Frau. Allerliebst. Nur sollte man ihm für künftige Verwendungen doch mal stecken, daß er bei einer Live-Schalte nicht auf den Monitor in seinem Studio, sondern in die Kamera gucken muß.

Was gab's noch? Azubi Sandra aus HH mit ungeliebten Oberschenkeln (Problem: Schönheitschirurgie), Jeff Getty aus Frisco (Problem: Neue HIV-Therapien) und eine Schweizer Zwergschule in einem Alpendorf (Problem: Schließung mangels Masse). Und als Rausschmeißer noch ein Schmankerl: der sendermäßig inzwischen händeringend freiflottierende Herbert Feuerstein mit einem Bericht über eine Brieftaubenausstellung. Mäßig lustig.

Also, Frau Maischberger, so geht das nicht. Dieser Versuchsballon von Alexander Kluges dctp in Sachen Boulevard muß besser werden. Sonst: Wenn Sie demnächst mal wieder eine ausgedehntere Weltreise machen möchten ... diesmal vielleicht mit dem Rad. Wär' zu verschmerzen. Ihr Fummel von Joop! war nämlich auch nich' so dolle. Reinhard Lüke

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