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St.-Johannes-EvangelistGold, Rausch, Gegenform

Das Goldrausch-Programm zur Förderung von Künstler*innen zeigt die Gruppenschau des aktuellen Jahrgangs. Die taz sprach mit Andrea Acosta.

Synergieeffekte in der Goldrausch-Ausstellung „Fraud, Fake and Fame“ (Raumansicht) Foto: Petra Spielhagen
Noemi Molitor
Interview von Noemi Molitor

Seit 1989 stellt sich das Goldrausch Programm quer zum Gender_Gap im Kunstbetrieb. Höhepunkt des einjährigen Professionalisierungsprogramms ist die gemeinsame Ausstellung der teilnehmenden Künstler*innen, die dieses Jahr unter dem Titel „Fraud, Fake and Fame“ in der St.-Johannes-Evangelist-Kirche in Mitte zu sehen ist.

Die extra für die Gruppenschau eingezogenen Wände laufen konträr zur geometrischen Eigenästhetik des sakralen Raums, mit ihrer Rauminstallation greift Nina Tobien aber auch seine ornamentalen Formen auf. Rike Horbs amorphe Betonskulpturen mit verinnerlichten Ziegelpäckchen erscheinen in Beziehung zur lichten Kuppel: Sie bilden Gegenformen zu den Erdlöchern, denen sie als Ausguss entrissen wurden.

Andrea Acosta gibt ihrer Sammlung filigraner Holzstücke, die sie auf Spaziergängen durch die Stadt findet, weitere Naturelemente bei, allerdings solche die bereits zu Kupfer oder Stahl verarbeitet worden sind. Das Ergebnis sind minimalistische Konstellationen voller Tiefenspannung, die die Künstlerin auch in Grafit-Zeichnungen nachvollzieht.

Auf den Punkt komponierte Foto-Text-Arrangements Dagmar Schürrers gerieren zum hypnotischen Kurzfilm voll abstrakter Formen, Texturen und komplementär abgestimmter Farbfelder, die jedoch immer wieder von menschlichen Händen unterbrochen werden, die in ein unheimliches Blau getaucht sind.

Zeit + Ort

St. Johannes-Evangelist, Bis 16. 10., Mo.–Sa. 13–19, So. 14–19 Uhr, Auguststraße 90

In der hintersten Ecke der Kirche züchtet Alanna Lynch gar echte Bakterien, die von der Decke hängen. Die viszerale Ausstrahlung, die die diesjährigen Positionen verbindet, ist als einer der Synergieffekte des Goldrausch-Formats spürbar.

Einblick (642): Andrea Acosta, Künstlerin

taz: Welche Ausstellung in Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum?

AA: Die Erwin-Wurm-Ausstellung vor ein paar Monaten in der Berlinischen Galerie hat mich sehr begeistert. Der Dialog zwischen den Zeichnungen, den Skulpturen und dem Publikum, welches alles erst zum „Leben“ erweckt hat, war sehr interessant und hatte eine lebendige, geradezu verspielte Atmosphäre. Ein weiteres Highlight in diesem Sommer war die Jérôme-Bel-„Gala“ im Hebbel am Ufer.

Bild: Sabrina Acosta
Im Interview: Andrea Acosta

Andrea Acosta (*1981, Bogotá) studierte an der Universidad de los Andes in Bogotá, Kolumbien, und später an der Bauhaus-Universität, Weimar. Ausstellungen u. a. in Paris, Berlin, Sankt Petersburg, Tokio, Bogotá, Ansan, Dortmund und Bilbao. Sie ist Teilnehmerin des Künstlerinnenprojekt Goldrausch art IT 2016 in Berlin, die Absolventinnenausstellung „Fraud, Fake and Fame“ eröffnet am 30. 9. in der Kirche St. Johannes-Evangelist.

Welches Konzert oder welchen Klub in Berlin kannst du empfehlen?

Nicolas Jaar in der Columbiahalle diesen Dezember ist ein persönliches Muss. Außerdem freue ich mich auch auf das Konzert von Rae Spoon & Plastik.

Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet dich zurzeit durch den Alltag?

Urbane Räume, wie wir uns in ihnen bewegen und sie wahrnehmen, beschäftigen mich zentral. Deshalb lese ich immer mal wieder in Georges Perecs „Species of Spaces“. Außerdem lese ich gerade das Buch „Garden in Motion“ von Gilles Clément, eine spannende Reflexion über Landschaften und Gärten.

Was ist dein nächstes Projekt?

Die Goldrausch 2016 Ausstellung diese Woche mit 15 spannenden künstlerischen Positionen. In der Ausstellung werde ich eine Serie von Zeichnungen und Objekten zeigen, die sich mit der Beziehung zwischen Natur und Architektur in der Stadt auseinandersetzen. Darin beschäftige ich mich damit, wie man diese Beziehung nutzen kann, um Räume und deren Wahrnehmung neu zu entwerfen.

Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten Freude?

Frühstück, Musik und das Erkunden von Baustellen, Ruinen und wilden Gärten machen mir immer Freude.

Dieser Text erscheint im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg immer Donnerstags in der Printausgabe der taz

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