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Spione hier und da und überall

■ Verfassungsschutz ermittelt in 15 Fällen / Sechs Personen in Haft / KGB „nachhaltig getroffen“? / Ab sofort werden nicht nur Ehegatten, sondern auch „Lebensgefährten“ überprüft

Bonn (dpa) - Dem Kölner Verfassungsschutz ist im Zusammenhang mit der noch laufenden Fahndungsaktion nach Ost–Spionen der „größte Schlag“ gegen die Aktivitäten des sowjetischen Geheimdienstes KGB in der Bundesrepublik gelungen. Wie dpa am Sonntag aus zuverlässiger Quelle erfahren haben will, sind sechs Personen in Haft. Es wird mit weiteren Verhaftungen gerechnet. Bisher wurde in rund 15 Fällen wegen geheimdienstlicher Tätigkeit ermittelt. Bei den Verhafteten handelt es sich um Bundesbürger und Ausländer. Unter ihnen sind keine sowjetischen Staatsangehörigen. Alle Personen seien vom KGB angeworben worden und hätten für Moskau gearbeitet. Experten sprechen davon, daß der KGB „nachhaltig getroffen“ worden sei. Unter den Spionageverdächtigen sind hauptsächlich Ingenieure und Ärzte. So sollen Geheimnisse des Mehrzweckkampfflugzeuges „Tornado“ und des für das nächste Jahrzehnt geplanten „Jägers 90“ in die Sowjetunion gekommen sein. Unter Spionageverdacht steht auch ein Arzt aus einem Bonner Vorort, ebenso ein Bundesbediensteter im Bonner Raum. Die Abwehrexperten vermuten, daß eine „ganze Menge“ aus dem Bereich der Wirtschaft und der Hochtechnologie an die Sowjets verraten worden ist. Die Fälle seien „unterschiedlich“ - von relativ einfach bis schwer - einzuschätzen. Die verdächtigten Ärzte hätten beispielsweise prominente Patienten aus Politik und Wirtschaft gehabt. Gerade auf diese Weise hätten sie an Geheimnisse herankommen können. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Boeden, erklärte am Sonntag, die enttarnte Spionin Elke Falk sei deswegen so lange unerkannt geblieben, weil die Abwehr ihren Lebensgefährten - ihren Ost–Berliner Agentenführer - nicht überprüfen durfte. Die alten Sicherheitsrichtlinien hätten nur die Überprüfung der Ehegatten von Geheimnisträgern erlaubt. Vom 1. Mai an werde auch die Observierung von Lebensgefährten gestattet.

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