piwik no script img

■ Spaniens Regierung will ETA-nahe Partei verbietenBaskische Wunden

Seit die spanische Zentralregierung im letzten Jahrhundert die Basken ihrer politischen Sonderrechte beraubte, zieht sich der Konflikt mit dem kleinen, aber selbstbewußten Volk wie ein blutroter Faden durch die Geschichte des Landes. Die Republik versuchte in den 30er Jahren, dem Problem mit einem umfangreichen Autonomiestatut beizukommen – und zerbrach daran. Im Bürgerkrieg zahlte die Rechte unter General Franco den Republikanern dieses und andere Experimente heim.

Zwar sieht die spanische Verfassung von 1978 einen „Staat der Autonomien“ vor, doch vielen war dies zuwenig. Im Baskenland stimmte bei einem Referendum gerade einmal ein Drittel für diese Form des Zusammenlebens. Der Rest votierte dagegen oder blieb gleich zu Hause. Anstatt nach einer Lösung zu suchen, schickten die Sozialisten noch mehr Polizei. Wo dies nicht ausreichte, griffen sie zu Altbewährtem: dem schmutzigen Krieg. Den „Antiterroristischen Befreiungsgruppen“ GAL fielen 28 Menschen zum Opfer. Felipe González, seit 1982 Premier, wird bei den Wahlen am 3. März über diesen Skandal stolpern. Der Baskenkonflikt aber wird weiterschwelen.

Was nach den Sozialisten kommt, sieht nicht viel besser aus. Für die konservative Partido Popular von José María Aznar ist die baskische Identität, wenn überhaupt, höchstens ein folkloristisches Unterscheidungsmerkmal. Dazu kommt jetzt noch die Verbotskampagne gegen Herri Batasuna, der ETA-nahen, drittstärksten Kraft im Baskenland. Sie zeugt vom Fehlen jeglicher politischer Sensibilität. Wenn der Grund dann auch noch ein Video mit einem Gesprächsangebot ist, könnte das Gespenst des Madrider Kolonialstaates wohl kaum besser wiederbelebt werden.

So brauchen sich die Separatisten der ETA – trotz immer unverständlicherer Attentate – um ihren Nachwuchs nicht zu sorgen. Auch die kritischen Stimmen aus den eigenen Reihen werden ob dieses Frontalangriffs noch verstummen.

Wenn immer wieder Menschen im Baskenland auf die Straße gehen und ein „Schluß jetzt“ der ETA-Gewalt fordern, so ist das nur zu begrüßen. Wo aber bleiben die Stimmen im restlichen Spanien, die den Madrider Politikern die gleichen Worte ins Gesicht schleudern? Reiner Wandler, Madrid

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen