■ Späte Genugtuung für FriedensaktivistInnen in München: Die halbierte Bundeswehr
Als vor zwei Jahren im Sommer 1990 über die Kopfstärke der künftigen Bundeswehr im vereinten Deutschland gestritten wurde, machten sich die Parteigänger der Friedensbewegung in der Regierung de Maizière mit ihrem Vorschlag einmal mehr in Bonn unbeliebt. 250.000 Mann seien genug, so damals Markus Meckel und die Seinen. Hardthöhe und AA waren empört. Eine vereinte Bundeswehr von 370.000 Mann würde den Friedenswillen des neuen Deutschland glaubhaft genug demonstrieren, hieß es dort. Mehr Abrüstung sei nicht nötig. Mit der jüngsten Zielvorgabe einer Viertelmillion Soldaten, die auf der soeben beendeten Münchener Wehrkundetagung amtlich lanciert wurde, erfahren die FriedensaktivistInnen der Ex-DDR ironischerweise eine späte Bestätigung. Die Löcher im Staatshaushalt, der Solidarpakt erzwingen nunmehr in Bonn die Revision alter Konzepte auch in der Rüstung.
Die Bundeswehr ist sicher nicht in den Einigungsprozeß gegangen, um halbiert herauszukommen. Abstriche am 500.000-Mann-Heer der alten Bundesrepublik waren erwartet worden. In Erwartung des mutmaßlichen Ergebnisses der Wiener Abrüstungskonferenz hatte man 1990 in Bonn vorgeblich freiwillig eine Zahl vorgeschlagen, die als Verhandlungsergebnis eh Ende 1990 in Wien hätte akzeptiert werden müssen. Die merkwürdige Zahl von 370.000 deutschen Soldaten ergibt sich rechnerisch, wenn man die Truppenbestände beider deutscher Staaten vor der Wende addiert und dann halbiert. Eben diese Zahl wäre nach den Wiener Regeln auch herausgekommen.
Diese Manöver illustrieren einmal mehr, wie wenig Öffentlichkeit es in der deutschen Demokratie bei der Entscheidung über Kernfragen wie die Größe der Streitkräfte gibt. Selbst Technokraten beklagen diesen Mangel. Die Münchener Gesellschaft für Wehrkunde, die sich aus kleinen Anfängen zu einer Prominentenversammlung gemausert hat, ist da kein Ersatz. Sie bot dem Kanzler ein willkommenes Forum, um laut über Kürzungen der Bundeswehr nachzudenken. Nachdem die neue amerikanische Regierung die eigenen Streitkräfte verkleinern will, ist das nämlich kein Tabu mehr. Ulrich Albrecht
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