: Sozialsenatorin spielt Bunker wechsle Dich
■ Gegen Wohnungsnot von Drogenabhängigen hat Uhl jetzt ein Umzugsspiel erfunden
Bitte das Graffiti
Bunkerwände
Sozialsenatorin Sabine Uhl hat fast Wort gehalten: Montag nacht sollten obdachlose Drogenabhängige das letzte Mal im Bunker Delmestraße übernachten müssen. Heute wird das Uhlsche Versprechen mit leichter Verspätung eingelöst. Die Junkies bekommen eine neue Bleibe: Im Bunker Scharnhorststraße.
Wenn es nach der Behörde geht, beginnt die Umzugsaktion heute gegen zehn Uhr. Die Asylsuchenden aus dem Bunker Scharnhorststraße werden in der Delmestraße untergebracht, die Drogenabhängigen kommen dafür nach Schwachhausen. „Der Bunker Scharnhorststraße ist
übersichtlicher“, begründete gestern Manfred Levin, Sachbearbeiter beim Landesdrogenbeauftragten, die Aktion. In Schwachhausen ließen sich die Insassen „besser begrenzen“.
Bei der Arbeiterwohlfahrt, die die Asylsuchenden im Bunker Scharnhorststraße betreut, sieht man das anders. AWO-Geschäftsführer Hans Taake: „Diese Aktion verstehe ich wirklich nicht“. Und auch die Junkies verstehen die Welt nicht mehr. „Fünf Nächte in warmen Betten sind besser als fünf Nächte auf der Straße. Wir gehen hier nur –raus, wenn die Behörde für uns Wohncontainer aufstellt“, erklärten sie
Foto: Jörg Oberheide
gestern und trafen die ersten Vorbereitungen, um den Bunker notfalls gegen den Willen der Behörde zu behalten. „Falls die Polizei auftaucht, machen wir das Ding von innen zu, dann wollen wir mal sehen, wie die uns hier herausholen.“
Der Arbeitskreis Kommunale Drogenpolitik (AK) hat gestern die Konsequenz aus den fehlenden Unterkünften für Drogenabhängige gezogen und die Betreuung des Bunkers Delmestraße eingestellt. Mit zwei Schichten zu jeweils vier HelferInnen hatte der AK den Versorgungsbetrieb im Bunker aufrecht erhalten. Bedingung: Ultimativ bis Montag bekommen die Junkies menschenwürdige Unterkünfte. „Wir haben gleich befürchtet, daß wir hier in Salamitaktik scheibchenweise von Woche zu Woche vertröstet werden sollen“, erklärte Betreuer Klaus Hammer.
Jetzt steht der Bunker unter der Ägide des Vereins Drogenhilfe. Die Drogenhilfe unterstützt die Behörde in ihrem Vorhaben, die Junkies nach Schwachhausen umzusiedeln. Projektleiter Victor von Wilken: „Auch wir halten den Bunker dort für besser geeignet.“ Angeblich stehen pro Nacht zwei BetreuerInnen in den Startlöchern.
Ob das personell ausreicht, ist mehr als fraglich. Als in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag ein Kabelbrand die Drogenabhängigen auszuräuchern drohte, konnten sieben HelferInnen das schlimmste verhindern. In der Nacht auf Samstag warfen Neonazis eine Tränengas in den Bunker und kündigten an, daß sie „mit Verstärkung“ wiederkommen wollten.
Derweil werden die Junkies einmal mehr auf die Ankunft der Outlaw vertröstet. Das Schiff soll auf dem Weg von Cuxhaven im Nebel stecken geblieben sein, hieß es gestern von Behördenseite. Morgen soll das Schiff in Bremen sein. Aber auch dann ist es noch nicht „bezugsbereit“. Der TÜV wird erst am Mittwoch den Anleger für die Outlaw abnehmen. In der Outlaw sollen 16 Drogenabhängige übernachten können. 34 Junkies hatten in der Nacht von Sonntag auf Montag im Bunker Delmestraße Schutz vor der Kälte gesucht. Markus Daschner
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen