Soziale Proteste: Bewegungen erwarten heißen Frühling
Soziale Gruppen erwarten bei Demonstrationen gegen Weltfinanzgipfel mehrere 10.000 TeilnehmerInnen.
BERLIN taz Gewerkschaften, Initiativen und soziale Gruppen rechnen mit großen Demonstrationen gegen den Weltfinanzgipfel in London. Bei einem Aktionstag am 28. März rechne man mit mehreren 10.000 Protestierenden in Berlin und Frankfurt am Main, sagte Bernd Riexinger, Geschäftsführer des Ver.di-Bezirks Stuttgart, am Mittwoch. "Wir haben recht kurzfristig mobilisiert, aber es gibt eine breite gesellschaftliche Bewegung."
Zu dem weltweiten Aktionstag ruft das Bündnis "Wir zahlen nicht für eure Krise!" am 28. März auf, das Treffen der Regierungschefs der 20 größten Industrienationen findet am 2. April in London statt.
Zu dem Mobilisierungsbündnis gehören Gewerkschaftsvertreter, Attac, die Partei Die Linke sowie entwicklungspolitische und antikapitalistische Gruppen. Sie haben sich auf einen Aufruf geeinigt, den Alexis Passadakis von Attac als "kleinsten gemeinsamen Nenner" bezeichnet. Darin fordert das Bündnis etwa Investitionen in Bildung, Umwelt- und Klimaschutz, die Regulierung des Finanzsystems und einen "sozialen Schutzschirm" für die Bürger.
Vom Weltfinanzgipfel seien keine Lösungen der Wirtschaftskrise zu erwarten, begründete Passadakis den Protest. "Die G 20 betreiben ,business as usual'. Es wird mehr Transparenz versprochen, aber tatsächlich werden die Probleme nicht angegangen."
Damit steht Protestierern ein stressiger Frühling bevor: Die alljährlichen 1.-Mai-Demonstrationen stehen an, am 16. Mai folgen bundesweite Demonstrationen des Europäischen und Deutschen Gewerkschaftsbundes. Mitte Juni sind bundesweite Bildungsstreiks geplant. Vor allem eine Veranstaltung könnte dem Anti-G-20-Protest Energie entziehen: Für den 3. und 4. April sind Aktionen in Baden-Baden und Straßburg geplant, die sich gegen die 60.-Jubiläums-Feierlichkeiten der Nato richten.
Machen sich beide Protesttermine Anfang April die Teilnehmer streitig? "Wir hoffen, dass wir die Kräfte gegen Krieg und gegen Krise zusammenführen können", sagte Christina Kaindl von der Gruppe Soziale Kämpfe. In der Tat habe es die längste Diskussion im Bündnis über den Termin der Proteste gegeben, bestätigte Riexinger. "Es gibt da eine absolute Nähe zwischen den beiden Protestaktionen Anfang April. Aber es wäre unglaubwürdig gewesen zu sagen: ,Wir fahren alle nach Straßburg und setzen noch die Finanzkrise auf die Antikriegsthematik drauf.'"
Insgesamt sei bei der Mobilisierung schwierig gewesen, dass es im derzeitigen "freien ökonomischen Fall" so schnell abwärtsgehe, sagte Michael Schlecht vom Bundesvorstand der Partei Die Linke. "Viele Auswirkungen der Wirtschaftskrise kommen bei den Menschen unterschiedlich und zeitversetzt an. Manche kriegen noch gar nichts mit, andere hat es schon voll erwischt."
Letztendlich wird eines über den Erfolg des 28. März entscheiden. Ver.di-Mann Riexinger: "Alles wird davon abhängen, wie viele Menschen auf die Straße gehen. Und in wie vielen Köpfen noch die Illusion herrscht: ,Die Krise wird einfach an mir vorüberziehen.'"
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