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■ SoundcheckPoets Of Rhythm / Amina Claudine Myers / Birtha Hope Trio

Gehört: Poets Of Rhythm. Sie komponieren Stücke einer anderen Zeit und betragen sich stilecht, aber konservativ. Das Münchner Soul-Funk-Oktett The Poets Of Rhythm, das am Freitag im nur halb gefüllten Mojo-Club sein Debut-Album Practice What You Preach vorstellte, strecke sich nach den Außenwänden des Rare-Groove der 70er Jahre, übersieht dabei aber, daß diese Hülle 20 Jahre später die Eigenschaften einer eisernen Jungfrau hat. Denn eine reine Erfüllung alter Maßstäbe führt heute zu Blutverlust. Zwar gelingt es den Poets mit den beweglichen Fundamenten ihrer Musik gekonnt, die menschlichen Knochen in Bewegung zu setzen, aber der völlige Mangel artfremder Einflüsse verleiht der Band doch einen gewissen schalen Revival-Touch. Eine vorsichtige Öffnung des „Funky-Funky“-Klischees zum Dancefloor der 90er oder zum Jazz der Vergangenheit gäbe dem Rhythmus die Poesie, die der Name verspricht. Hinzu kommt, daß das Repertoire an Gesangsmelodien und Hooklines zumindest für ein zweistündiges Programm noch viel zu eindimensional ist. Doch kleine geniale Intuitionen und melodiöse Partikel zeigen, daß auf der Basis einer runden Rhythmusgruppe die Hypotheken wirklicher Begeisterung lösbare Aufgaben sind. tlb

Gehört: Amina Claudine Myers/Birtha Hope Trio. Simple Klavierakkorde, breite Gospelharmonien, zaghafte Free-Anklänge, ein souliger Kinderlied-Refrain — Amina Myers ist alles andere als ein Zirkuspferd. Daß sich die ehemalige Schlüsselfigur der AACM-Avantgarde dennoch als Solistin exponiert, verdient Respekt. Den zollten ihr am Freitag in der Fabrik gerade mal fünf Dutzend Unentwegte, die vor allem der Fachkraft-Prominenz im Birtha Hope Trio lauschen wollten, namentlich Kim Clarke (ex-Defunkt), die — als größte Überraschung des Abends — mit Kontrabaß aufmarschierte. K(l)eine Überraschung, daß sie auch auf diesem Gerät ganz famos ihrer liebsten Tugend frönt: Lieber volles Risiko als auch nur eine einzige Phrase doppelt zu spielen. Ein hochwillkommener Kontrast zum allzu tugendhaften, kunsthandwerklichen Bop, den Frau Hope (Witwe von Elmo Hope) und Frau Cuenca mit Klavier und Schlagzeug anrührten.

Andreas Schäfler

Zeichnung: Martin Tom Dieck

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