■ Soundcheck: Gehört: Elvin Jones and Jazz Machine, Johnny Guitar Watson und Porno Pop oder Stella
Gehört: Elvin Jones and Jazz Machine. Der Mann im orangeroten T-Shirt streichelte die Ride-Becken seines Schlagzeugs, als ohrfeigte er Tempotaschentücher mit Watte. Als hätte er ein 300jähriges Training in Lässigkeit hinter sich, das höchstens sein Instrument, nicht aber den Musiker verschleißen ließ, führte Elvin Jones, die altgediente Schlagzeuglegende des Jazz, am Donnerstag abend seine vierköpfige Band Jazz Machine durch das Konzert in der Ottensener Fabrik.
Höhepunkte kündigten sich immer dann an, wenn Elvin Jones mit rauskullernden Soli scheinbar die ganze Logik eines Stückes unter Druck setzte. Er trommelte, bis das Verhältnis zur Geschwindigkeit bei allen Zuhörern im Raum zu wanken begann. Kein Scherz: Jones stellte spielend die Frage, wie das ist, wenn man im übertragenen Sinne gleichzeitig 20, 53 oder 178 Kilometer pro Stunde zurücklegt. Was wiederum wenig mit Relativität, aber einiges mit facettiertem Feeling zu tun hat.
Und mit gesteigerter Beweglichkeit: Nach dem Konzert war es gar nicht so einfach, darauf zu kommen, in welcher Weise der Weg zum Ausgang am besten zurückgelegt wird.
Kristof Schreuf
Gehört: Johnny Guitar Watson. In ein schwüles Schweißbad tauchte er am Freitagabend seine tobenden Fans: Im vollgestopften Saal der Großen Freiheit tanzten und stampften sie zu den jaulenden Klängen von Johnny Guitar Watsons Gitarrenakrobatik. Zwar bringt der Altmeister des Funks inzwischen bereits 61 Lebensjahre auf die Bühne und ließ sein Publikum schon nach einer Stunde Spielzeit um Zugaben betteln, doch er entschädigte sie mit einem wahrlich jungen Groove.
Gelernt ist schließlich gelernt: Immerhin hat der Funk-Oldie, der doch ein wenig wie ein ergrauter Michael Jackson daherkam, inzwischen 40 Jahre Musikerkarriere auf dem Buckel, die er unter anderem mit Frank Zappa, Sam Cooke und George Duke verbrachte. Zwar sind für Johnny Guitar die erfolgreichen 70er Jahre längst Vergangenheit, doch noch heute verpaßt er selbst alten Hits wie „Real Mother For You“ mühelos einen pulsbeschleunigenden Extra-Drive. Unverbesserliche Funk-Fans sollten Johnnys neuester CD Bow-Wow jedenfalls mal ein Ohr schenken.
Sannah Koch
Heute abend: Porno Pop oder Stella. Wer die alte Alabama-Idee der Gore-Nites, eine Band plus ein Film, immer noch liebt, kommt heute in Entscheidungsnot. Denn sowohl das Fama- als auch das 3001-Kino bieten heute ein derartiges Doppelpack. Im Fama treten Stella mit dem Film Die Hamburger Krankheit, im 3001 Porno Pop mit dem Streifen Die Augen des Satans auf. Wie sich also entscheiden?
Über Porno Pop wissen wir nicht viel mehr, als was auf einem Zettel steht, und da steht nur „Mondäner Poptrash“. Die mitgelieferte Single konnten wir leider nicht hören, weil der Plattenspieler kaputt ist.
Stella bietet immerhin biografisch mehr. Mense Reents war bei Huah!, Die Regierung, Das Neue Brot und anderen, und Thies Mynther kam mit der Allwissenden Billiardkugel in unsere Lande, bevor auch er sich mal der Regierung anschloß. Die beiden behaupten, sie seien mit „Houseproduzentenschwein“ und „satanistischer Punkfolknazihippie“ richtig charakterisiert.
Singen tut Elena Lange und die behauptet, sie sei 17 und eine „Ladypopschlampe“. Gespielt wird mit zwei Gitarren, zwei Stimmen und einmal Drums, bitte.
Wohin also gehen wir, wo doch beide Veranstaltungen um 22.30 Uhr beginnen? Wird der Ort entscheiden? tlb
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