■ Soundcheck: Strombolis
Gehört: Strombolis. Es gibt Musiker, die versuchen sich mit ihren Instrumenten zu unterhalten, aber die antworten nicht, oder so, daß keiner es hören mag. Die Strombolis haben damit keine Probleme. Eine redselige Gitarre, ein quasselnder Bass, eine plappernde Hammondorgel und ein absolut geschwätziges Schlagzeug geben selbst da laut, wo andere Klangerzeuger nicht einmal wußten, daß sie einen Klang erzeugen. Sänger Stefan Gwildi, sonst Reifenhändler, und Schlagzeuger Christian von Richthofen, Seriendarsteller, zweckentfremdeten eine Langnese Eisbox und eine Sulo Blechmülltonne, um ihnen grooviges Leben einzuschlagen. Als von Richthofen schließlich im Strobolicht seine Aprikosenkonzentrat-Tonne malträtierte, konterten die Fans und die, die es nach dem Auftritt wurden, mit einem Applausgewitter.
Auch nach Klassischem stand dem Quartett der Sinn: Bach a capella, in der Version für zwei Stimmen, ließ die Frage aufkommen, unter welcher Zungenkrankheit die Strombolis denn heimlich leiden, um solche Töne zu erzeugen. Songs wie „Das tut so gut“ oder „Anker werfen, Segel setzen“ klingen zwar etwas nach Michie Reincke, der auch die CD Greatest Hits produzierte, aber so nette Zeilen wie: “Zwar ist sie nicht bei der Stasi, aber ihr Blick verfolgte mich bis nach Haus“, sind eindeutig stromboloid. Die Vier sind ohnehin nichts für den heimischen CD-Player.
Die Geschichte von dem Band-U-Boot, mit dem die Musiker, an winkenden Seesternen vorbei, fast nach Tornesch gekommen wären, hätten sie unter Wasser nicht die Fenster runtergekurbelt, gibt es nur live von den Improvisationsgöttern. Bassist Jürgen Attig kreuzte erst kurz vor dem Auftritt im Schmidt's Tivoli auf, galuppte und faloppte dafür um so virtuoser auf seinem Fretless-Bass.
Nach fast drei Stunden Strombolies stöhnte ein Fan dem Keyboarder Ralf Schwarz entgegen: „Es ist irgendwie immer das gleiche bei euren Konzerten: Wir sind hinterher mindestens genauso kaputt wie ihr.“
M. Quell/Foto: M. Barnickel
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