■ Soundcheck: Gavin Friday / Murdock
Gehört: Gavin Friday. Den klassischen Broschengriff hat Gavin Friday nicht in seinem Repertoire. Der irische Lüstling hält sich ungerne mit Kleinkram auf und geht sich lieber gleich an die eigenen Eier. Zotige Anspielungen allein reichen dem Schulfreund von Bono U2 Vox deshalb nicht, er hat es gern deutlicher. Ob nun als „Man In The Man“ Ende der 80er mit Soft Cells Dave Ball oder Dienstag abend in der Kleinen Musikhalle als „Ein Mann mit Mose“ (sic!) – der ehemalige Sänger der schlammliebenden Kunstrocker Virgin Prunes wollte nie eine jungfräuliche Backpflaume sein.
Bei seinem ersten Hamburger Auftritt nach vielen Jahren – das letzte Mal hatte der geile Bock im Boxkeller der Kiez-Kneipe Zur Ritze gespielt – präsentierte er sich, ganz in schwarzes Leder gewandet, wie gehabt, als gediegener Salonperverser. Kerzenlicht, Zigarettenqualm und roter Samt – Verruchtheit kann so einfach sein. Oder so anbiedernd wie im Schmidt's? Dem Lieschen-Müller-Schicksal entgeht der sprechsingende Literat. Er ist zu camp, als daß er je everyone's darling werden könnte. Viele mag der schwarze Mann aus Dublin ängstigen. Wir laufen jedoch nicht weg. Wir wissen ja: Es ist Gavin Friday, der gute, böse Onkel.
cleg/Foto: jms
Heute: Murdock. „Ich stand an einer Bushaltestelle. Vor mir eine Auto-Werbung, darauf der Spruch: ,Wie groß wollen sie denn noch werden'. Ja, eben – dachte ich – wozu noch warten – und worauf?“ teilte die Sängerin Susanna Koska schriftlich ihrem Verlagsagenten mit, als der von Koskas Gruppe Murdock einen Entwurf zur Zukunftsplanung einforderte. Die Konsequenz hat sich vor wenigen Tagen ergeben: Die erste CD der Hamburger ist fertig geworden, auf der Murdock acht Stücke lang einen forschen Heavy Boogie Hard Rock spielen. Murdock machen Musik für Menschen, die sich zwischen 1975 und dem Anfang der 80er Jahre ihre Plattensammlung mit den Alben weißer Rocker aufbauten und strictly no Punkrock in die gute Stube hineintönen ließen. Als eine der letzten Bands der Stadt versuchen Murdock, Hard Rock zu feiern, ohne die üblichen Angebereien einzubauen. Im Lehmitz präsentiert sich heute abend eine Gruppe, die nicht unbedingt geliebt, sondern auf nüchterne Art gemocht werden will. Kristof Schreuf
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