■ Sommerserie „Sonnenstich“ (II. Folge): Frau, Mann, Kind
In Ferienzeiten flattern zuhauf unverlangt eingesandte Manuskripte in die taz-Reiseredaktion. Da sind unsere LeserInnen besonders mitteilsam. In einer kleinen Sommerserie, Stichwort: „Sonnenstich“, stellen wir einige schöne Urlaubsgeschichten vor.
Eine Beziehung, die mehrere Jahre alt ist, nutzt manchmal stellenweise ein wenig ab. Normal? Vielleicht. Der eigene Mann erscheint wie ein bequemer Sessel. Die Federung ist etwas ausgeleiert. Und wenn man aufstehen will, tut man sich ein bißchen schwer. Alltag, Streß, Hetze. In dieser Situation lassen Menschen sich scheiden. Oder sie fahren in Urlaub. Wir auch. Costa Brava heißt das Ziel, die wilde Küste. Eine Frau, ein Mann, ein Kind.
Autoreise. Durch Frankreich. Manchmal schließe ich einfach die Augen. Denn mann paßt sich rasch dem landesüblichen Fahrstil an – wer schneller ist, überholt als erster die drei Lastwagen, die hintereinander fahren. Blanker Horror. Egal.
Südfrankreich, endlich Sonne. Herrliche Wärme, so lange vermißt. Stimmung steigt erheblich, mit jeder Minute.
Weiter. Schnell. Die Augen schließen, es kommt jemand auf der eigenen Fahrspur entgegen. Träume ich? Und es knallt komischerweise nicht. Stop! Ich muß mal. Kein WC. Nur ein Brennesselfeld. „Kann man denn nicht mal hier in Ruhe pinkeln? Eine Stimme nicht weit entfernt. Nun ja.
Endlich, endlich Spanien. Das erste Kaff. Übernachtung ist fällig. Der Ort ist eine Baustelle. Ausnahmslos häßlich. Ein paar Brocken Spanisch mit Englisch gemischt, ergibt ein Zimmer. Zimmer ist genauso häßlich wie das Dorf. Nur eine Nacht. Vater schläft im Kinderbett, Junior mit mir im großen. Er fällt zweimal raus die Nacht. Steinfußboden. Aber es wird Morgen. Ja, Morgen. Und – das wird schön. Costa Brava, macht ihrem Namen alle Ehre. Sie ist wild und zum Anbeten schön. Die Sonne kniet über dem Meer. Das erste spanische Glück. Da ist eine Sehnsucht in mir, die nicht weiß, woher sie kommt und wohin sie will. Der Sohn sagt „mehr“. Anstrengung, nur Serpentinen. 70 Kurven in einer Stunde. Aber eine Landschaft wirft sich zu Füßen.
Das vage Erhoffte wird dann Wirklichkeit. Tossa de Mar. Die Blume des Meeres. Wir sind am Ziel. Dann das erste Rauschen des Meeres. Besser als Duschen. Und salziger. Sohn rennt rein, einfach hinein! Eine Welle wirft ihn um. Japsen nach Luft. Es war seine erste Welle. Die Welt ist voller Überraschungen. Die Welt ist schön. Nebenan quäkt ein Berliner: „Halt die Schnauze. Kannste nich einmal parieren?“
Und da bist du. Mein Mann? Das Leuchten in den Augen, wenn du mich ansiehst. Ja, du bist mein Mann. Mit Sand im Bart, nasser Badehose, die Jeans kommt zum Schluß einfach drüber. Freiheit im Herzen. Nur – alles andere ist mir näher als du, mein Mann.
Luft 30 Grad, Wasser 18 Grad, Vino tinto 15 Grad. Nennt man das Lebensgefühl? Keine Frage nach Liebe, Frieden und Umweltschutz. Es ist einfach so da. Das Leben. Jetzt ist jetzt. Mich packt die Sehnsucht, so einfach leben. Nie mehr im Leben blättern. Nur ganz einfach – leben. Ein Blick aufs Meer und Zufriedenheit. Keinen Lebenssinn auf dem Grunde suchen. Fiktion verschmilzt mit Wahrheit. Kann man hier nicht einfach bleiben?
Ich sehe dich an und frage mich, ob du dasselbe fühlst wie ich. Doch in deinen Augen stehen keine Fragen... Wir sind einfach verschieden. Alle Menschen sind anders als die anderen. Du bist du und ich bin ich. Und ich bin ja auch gerne ich. Bist du auch so gerne du?
Dann wieder das leuchtende Meer. Die Sonne, die für alle scheint, die Wärme, der glänzende Himmel. Ein letzter Blick zum Abschied. Tränen auch in deinen Augen. In deinen Augen Tränen. Ich sah sie nie zuvor. Nur, was bedeuten sie? Wer über die Liebe zu seiner Beziehung nachdenkt, der liebt nicht mehr. Schöne Costa Brava. Marion Teiwes
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