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■ Soldaten-BilderUniformen werden chic

Was sich nicht auffällig macht, fällt auch nicht auf. So haben wir auch kaum bewußt registriert, daß das Alltagsleben der alten Bundesrepublik nahezu ohne Uniformen stattfand. Gemessen daran, daß es immerhin die größte Heeresstärke war, die die Deutschen jemals in Friedenszeiten hatten, muß man den fünfhunderttausend Bundeswehrsoldaten nachträglich dankbar sein für die Diskretion, mit der sie sich aus dem Straßenbild fernhielten. Sie waren nicht zu sehen. Der Bürger in Uniform war am liebsten ein Bürger ohne Uniform. So erlebten wir „unsere“ Soldaten meistens nur wie eine Art Fußball-Fanclub, an- und abreisend in überfüllten Wochenendzügen. Am lautesten waren sie beim Abschied: Reserve hat Ruh — und das ließ sich sowohl verstehen wie ertragen. Selbst ihre Vorgesetzten, man denke nur an die Generäle Bastian, Schmückle, Schmähling, fielen eher durch das auf, was in ihrem Kopf steckte, als daß sie sich als Uniformträger besonders ins Bild gesetzt hätten.

Da ändert sich was, und zwar gewaltig. Wohl ist der Abbau der Heeresstärke beschlossen, aber das Fernsehen und die Titelseiten der Wochenblätter zeigen mehr Soldaten denn je. Wie seltsam war der Anblick, als ausgerechnet der tote Willy Brandt von Soldaten, jeder in Knobelbechern, den Stahlhelm bis zur Oberlippe, aus dem Reichstag getragen wurde. Da sah man den notorischen Zivilisten als Staatsleiche von einer grauen vielfüßigen Krake vorwärtsgeruckelt, als wollte sie ihn stehlen. Dazu die Marschmusik: Ich hatt' einen Kameraden. Etwas Absurderes hat man lange nicht gesehen — es hat aber keine(r) gelacht.

Bilder sind Botschaften, und Bildwechsel sind Machtwechsel. Über die neue Funktion der Bundeswehr wird nachdrücklich nicht diskutiert, schon gar nicht im Parlament. Sie wird gezeigt. Was sollen die Soldatenbilder uns signalisieren, rein bildlich? Die Gewalt, so sagen sie, ist im Alltagsleben, auf den Straßen, in Jugoslawien, in den Slums. Da ist es laut- schrill-chaotisch-blutig. Und dann gibt es da diese ruhigen ordentlichen Menschenquader, wohlgefaßt in angenehm beruhigendem Grau.

So einfach ordnet sich die Welt im Bild: Das Zivile ist gewalttätig und chaotisch. Das Militärische rückt – ordnungsschaffend und, wie es so schön heißt: friedensschaffend — in die erste Reihe. Die neueste Werbekampagne der Bundeswehr trägt den schönen Titel: Die Engel von Pnom Penh. Na bitte. Antje Vollmer.

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