Snoop Dogg in Berlin: Wo kriegt man bloß das Gras her?
Entspannt und Rapstar-cool wie es sich für einen Kifferkönig gehört - aber auch ein bisschen zu gelangweilt: Westküsten-Superstar Snoop Dogg in Berlin.
BERLIN taz | Natürlich gehört eine gehörige Verspätung mit zum Programm bei einem wie Snoop Dogg. Der Superstarrapper aus Long Beach, Kalifornien, musste sich wohl noch ein wenig backstage mit seinen bitches vergnügen und sich mit ein paar Joints in Bühnenform bringen. Oder mit seinen Jungs einfach nur die Runde an der Playstation zu Ende spielen. Aber nach ungefähr zweieinhalb Stunden Wartezeit reichte es dann auch dem geduldigen Berliner Publikum, das obskurerweise schon vor Konzertbeginn mit Snoop Doggs Musik unterhalten wurde, allerdings kam diese vom Band.
Nach ein paar gehörigen Pfeifsalven tat sich dann endlich etwas. Das Thema von "Carmina Burana" erfüllte die Columbiahalle. Und dann ging es los. Drei Tänzerinnen in Adidas-Jogginganzügen boten erste Breakdance-Choreografien. Ein Gitarrist brachte sich in Stellung, der Schlagzeuger klemmte sich hinter seine Trommeln, und der DJ begab sich an sein Pult. Am linken Bühnenrand postierte sich ein kastenförmiger Bouncer im Anzug, und endlich tänzelte auch der ewig schlaksige Snoop Dogg auf die Bühne.
Er trug einen XXXL-Sweater, der an ihm herabhing wie ein Kaftan und der dem Begriff "Baggy Look" eine ganz neue Bedeutung verlieh. Mit seiner Sonnenbrille und den Zöpfchen im Nacken sah er aus wie Stevie Wonder, und das Mikrofon in seiner Hand erweckte den Eindruck, als sei es mit Diamanten besetzt -Pimp-Style eben.
Snoop Dogg war gekommen, um die bizarr schillernde Welt des kalifornischen Westcoast-HipHop in das vergleichsweise unglamouröse Berlin zu transportieren. Einen Genre-Superstar wie ihn erlebt man auch hier nicht alle Tage. Was auch daran liegt, dass Überfiguren des amerikanischen HipHop wie Snoop Dogg, der bereits zig Millionen Alben verkauft hat, in mehreren Filmen und Fernsehserien zu sehen war, eine eigene Show auf MTV hatte und auf dessen Konto Welthits wie "Drop it like its hot" gehen, schlicht und ergreifend zu faul sind, ihre Villen, ihren Fuhrpark und ihre Swimmingpools zu verlassen, um irgendwo im fernen Europa in einer auch nur mittelgroßen Location wie der Berliner Columbiahalle aufzutreten.
Titties und asses
Wo kriegt man in Berlin das Gras her? Allein schon wenn diese Frage nicht befriedigend beantwortet wird, bleiben die meisten US-Rapper der Oberliga dann doch lieber zu Hause. Dafür, dass Snoop Dogg nun wirklich auch gekommen ist: Respekt. Und doch hatte man bei diesem Konzert recht schnell das Gefühl, dass sich der Rapper eher auf einer Pflichtveranstaltung befand, die ihm sein Manager aufgeschwatzt hatte, um nebenbei ein wenig Taschengeld zu verdienen. Snoop Dogg rappte über titties und asses, so wie es von ihm erwartet wurde.
Er wirkte entspannt und Rapstar-cool, wie es seinem Image als Kifferkönig entsprach. Aber von einer Ikone des HipHop, von einem personifizierten Klischee des Macho-Rappers und Hauptvertreters des sogenannten Bling Bling, hätte man sich dann doch ein wenig mehr Größenwahn oder einfach nur eine protzigere Show erwartet. Die drei Tänzerinnen kamen und gingen von der Bühne, mal verkleidet als B-Girls, mal als Sexkätzchen, allein eine richtige Verbindung mit ihnen und dem Rapstar spürte man nicht. Verschiedene Rapper hüpften auf der Bühne herum, um Snoop Doggs Raps gelegentlich zu doppeln, aber ihr Herumgespringe erinnerte auch eher an aufgeschreckte Hühner denn an Nebenrapper, die dem Hauptdarsteller des Abends das Wasser hätten reichen können.
Vielleicht ist Snoop Dogg vor seinem Auftritt ein wenig durch Berlin gefahren und hat festgestellt, dass hier eher weniger Stretchlimousinen durch die Straßen kurven und es nirgendwo so aussieht wie in Beverly Hills. Vielleicht hatte er sich gedacht, in Berlin würde es wirklich reichen, ein glitzerndes Mikro in der Hand zu halten, imagegerecht lustlos zu wirken, und alle würden einem den ewigen Pimp abkaufen, der sich daheim das Badewasser aus goldenen Hähnen einlaufen lässt. Doch das tat es nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Berliner Sparliste
Erhöht doch die Einnahmen!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid