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Sinkende oder steigende Verkehrssicherheit?

betr.: „Trotz wachsenden Verkehrs weniger Tote“, taz vom 15. 12. 99

Zu Ihrer Überschrift wünsche ich Ihnen, daß Sie künftig nicht nur dem Tenor der Pressemitteilung Folge leisten, was in diesem Fall auf eine Verharmlosung hinausläuft.

Die Zahl der Toten im Straßenverkehr ist in großem Maß von Zufällen abhängig, zum Beispiel ob schnell Erste Hilfe geleistet werden konnte oder auch, wie weit der Unfallort vom nächsten Krankenhaus entfernt ist. Außerdem zählen in Deutschland offiziell nur solche Verkehrs-Todesopfer, die innerhalb von 30 Tagen nach dem Unfall verstorben sind. Mit den Fortschritten der Medizin ist es nahe liegend, dass heute Schwerverletzte bessere Chancen haben, über diese Frist hinaus zu überleben – der Verkehrsunfall als eigentliche Todesursache wird aber dann statistisch nicht mehr berücksichtigt, wenn das Opfer nach mehr als 30 Tagen verstirbt.

Als sinnvolle Messgröße für die Entwicklung der Verkehrssicherheit ist die Zahl der Verletzten, und hier wiederum die Zahl der Schwerverletzten (= mit stationärem Aufenthalt im Krankenhaus) besser geeignet. Auf diese gehen Sie in dem Bericht leider überhaupt nicht ein. Da diese Zahl in vielen Statistiken oder Pressemitteilungen gern vergessen wird – weil die Tendenz hier selten so positiv ist wie bei den Todeszahlen – wünsche ich mir, dass Sie in Zukunft gegebenenfalls nach dieser Zahl recherchieren und sie als das Maß für sinkende oder steigende Verkehrssicherheit behandeln.

Mit der verringerten Zahl von Verkehrstoten ist nur die verbesserte Medizin, gegebenenfalls noch die bessere Unfallversorgung nachzuweisen, nicht aber die Verkehrssicherheit.

Detlev Gründel, Hannover

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