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Sexismus an der UniSeminar bei Dr. Grapsch

30 Prozent der Frauen werden am Campus diskriminiert oder sexuell belästigt. Protestieren will keine - aus Angst und falsch verstandenem Selbstbewusstsein.

Studentinnen sind an Unis häufig Sexismus ausgesetzt. Bild: dpa

"Bei einem Referat in einem Politikseminar hat mir der Dozent die ganze Zeit auf die Brust gestarrt", erzählt Martina Beyer*, 27, aus Mainz. Eine andere Studentin berichtet, wie ihr Erfurter Professor reagierte, als sie ein Stipendium bekam: "Das lag wohl an der Frauenquote", zitiert ihn Anja Baumann, 27. Tanja Krause, 21, aus Berlin erzählt, was sie in der Sprechstunde ihres Professors erlebte: "Er hat mir gesagt, dass ich schöne Augen habe und gehe wie eine Tänzerin." Dann habe er ihre Haare im Vorbeigehen gestreichelt.

Was die Studentinnen erzählen, fällt unter sexuelle Belästigung und Diskriminierung. Obwohl mittlerweile fast jede deutsche Universität Richtlinien gegen Sexismus hat, berichten Frauenbeauftragte immer noch von anzüglichen Blicken, sexistischen Witzen, plumper Anmache, Benachteiligung oder sexueller Nötigung.

"Ich werde stinkwütend"

Ein Student hat erzählt, dass er die Hausarbeit seiner Kommilitonin Jahre später bei demselben Professor abgegeben und dafür eine wesentlich bessere Note bekam. Studentin, 26, Berlin

Ein Professor hat mir im Vertrauen mal gesagt: "Die Doktoranden widersprechen mir und stellen mich in Frage, während die Doktorandinnen mir bestätigen, dass das, was ich gesagt habe, richtig ist - für die Wissenschaft sind Männer deshalb besser geeignet."Student, 25, Lübeck

In meinem Studium in den Sozialwissenschaften führten häufig Männer das Wort und meldeten sich mehr. Die Dozenten waren eher hilflos, daran was zu ändern. Doktorandin, 30, Bremen

Sexismus an der Uni trifft auch Männer. Eine Professorin nimmt Doktorandinnen, nur weil sie Frauen sind, und verkennt damit, dass sie als Professorin auch für Männer zum Vorbild werden soll. Doktorandin, 26, Berlin

Es ist nicht so leicht, ein Role Model unter den Professorinnen zu finden. Ese gibt ja so wenige. Doktorandin, 29, Berlin

In den Ingenieurswissenschaften mit niedrigem Frauenanteil neigen die älteren Prof's eher dazu, frauenfeindliche Sprüche abzulassen. Student, 24, Sachsen

Ein Strafrechtsprofessor nahm oft Beispiele, die mit Sexualität zu tun haben: Vergewaltigung diente mehrmals als Beispiel zum Thema Einwilligung. Und beim der Frage nach dem "Mitwirken" des Opfers nahm er die 15-jährige Schülerin, die ihren Lehrer verführt. Als ich ihn unter vier Augen darauf ansprach, sagte er, er könne nicht sexistisch sein, weil er eine Frau und zwei Töchter hätte. Studentin, 24, Berlin

Ich frage mich schon: Warum gibt es an der Universität nur eine Frauenbeauftragte und keinen Männerbeauftragten? Student, 21, Bayreuth

Liest man den Namen eines Professors einer Professorin im Vorlesungsverzeichnis, so habe ich immer einen Mann im Kopf und bin bei der ersten Vorlesung überrascht, eine Frau anzutreffen. Studentin, 21, Erfurt

In "männlichen" Fächern wie der Informatik treten Frauen oft nicht so dominant und selbstherrlich wie Männer auf, was dann dazu führt, dass ihnen unterschwellig auch weniger zugetraut wird. Student, 26, Kiel

An meiner Jura-Fakultät haben wir 26 Lehrstühle. Davon sind 3 mit Frauen besetzt. Unter den zusätzlichen 16 Honorarprofessoren gibt es keine einzige Frau. Wenn ich mir diese "Verteilung" der Posten vor Augen führe, werde ich stinkwütend. Studentin, 24, Berlin

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Der Text ist Teil der Taz-Sonderausgabe "Der neue Sexismus" zum Internationalen Frauentag. Seit Samstag am Kiosk.

"Die Betroffenen sind ganz überwiegend Frauen", sagt Marianne Kriszio, Zentrale Frauenbeauftragte der Humboldt-Universität in Berlin. "Männer sind ein minimaler Anteil. Nur einmal hat sich ein Student über Belästigung durch einen schwulen wissenschaftlichen Mitarbeiter beschwert." Der häufigste Beschwerdegrund in ihrem Büro seien diskriminierende Sprüche über Frauen - und sehr viel seltener Fälle von Belästigung.

Ihre Kollegin von der Technischen Universität Berlin, Heidi Degethoff de Campos, sagt: "Wir schätzen, dass rund 30 Prozent aller Frauen an deutschen Unis Erfahrung mit sexueller Belästigung oder Diskriminierung gemacht haben." Seit den Neunzigerjahren habe sich an der Zahl wenig geändert. Das Problem sei: "Nur ein Bruchteil der Betroffenen meldet sich bei mir."

Dass Studentinnen schweigen und so zur Tabuisierung von Sexismus an der Uni beitragen, hat verschiedene Gründe. Oft ist es eine falsch verstandene Emanzipation und die Angst, dass man ihnen nicht glaubt.

Denn viele Studentinnen wollen Sexismus nicht sehen. "Vor allem die jüngeren sehen sich als selbstbewusst und sind wenig für diskriminierende Situationen sensibilisiert", meint Degethoff de Campos. Diplompsychologin Nina Vanselow, die an der Universität Bielefeld über sexuelle Belästigung forscht, erklärt das damit, dass sich junge Frauen nicht als potenzielle Opfer sehen wollen. "Mir kann das nicht passieren, denken viele Frauen."

Auch die Studentin Anja Baumann, deren Professor ihr Begabten-Stipendium mit der "Frauenquote" abtat, wollte eigentlich Stärke zeigen, indem sie sich nicht beschwerte. "Ich wollte nicht als empfindlich gelten. Irgendwie hat das meinem Selbstbild von einer emanzipierten unabhängigen Frau widersprochen."

Und so werden feministische Studentinnen auch gern von ihren Kommilitoninnen belächelt, wenn sie mitten im Seminar sexistische Witze kritisieren. Die Berliner Geschichtsstudentin Anne Sichel, 27, engagiert sich in der Studierendenvertretung Asta der Humboldt-Uni im Frauenreferat. "Oft wird man genervt angesehen, wenn man sich offen beschwert. Auch von Frauen."

Bei extremeren Fällen von sexueller Belästigung ist es aber die Angst, die Studentinnen zum Schweigen bringt: Man könnte sie für mitschuldig halten. Selbst die wenigen Betroffenen, die sich beschweren, wollen anonym bleiben. "Ich habe gerade einen aktuellen Fall einer Doktorandin, die von einem Professor belästigt wird", berichtet Degethoff de Campos.

Einzelheiten will die Frauenbeauftragte nicht erzählen, um die Betroffene zu schützen. "Wir gehen dem intern nach, gemäß unseren Richtlinien gegen Diskriminierung." Denn bestenfalls erhalte der Professor einen Vermerk in der Personalakte. Die Doktorandin aber sei "verbrannt" und könne als "Querulantin" in der Wissenschaft kaum noch Karriere machen.

Die Angst der Doktorandin ist begründet. "In der Regel wird Betroffenen von der Gesellschaft eine Teilschuld zugeschoben", erklärt Diplompsychologin Nina Vanselow von der Uni Bielefeld. Dieser sogenannte Belästigungsmythos lautet meist: Hat es die Frau nicht gewollt? Hat die Studentin nicht mit Sex ihre Noten aufgebessert?

Seit den Neunzigerjahren schlagen sich die Frauenbeauftragten an deutschen Hochschulen mit diesem Mythos herum. Damals stand das Thema Sexismus am Campus ganz oben auf der Medienagenda. Erste Frauenbeauftragte wurden eingestellt und erkämpften Richtlinien gegen Diskriminierung. Und sie machten Belästigungsfälle öffentlich. Mit diesen Kampagnen kam die Gegenreaktion: Medienberichte über Studentinnen, die ihre unschuldigen Professoren verleumden oder durch "Stalking" belästigen. Der Roman "Der Campus" von Dietrich Schwanitz, in dem eine Studentin nach einer Liebesbeziehung mit einem Dozenten behauptet, er habe sie vergewaltigt, war ein krasser Ausdruck dieses Mythos.

Der Wirklichkeit entspricht das kaum. "Es mag wenige Ausnahmefälle geben, mir sind aber persönlich keine bekannt", sagt Marianne Kriszio, Frauenbeauftragte der Humboldt-Uni in Berlin. Vor 14 Jahren habe eine Studentin einem Professor mal in der Sprechstunde eine Liebeserklärung gemacht - und er bekam sofort Panik, sie würde seinen Ruf ruinieren, erinnert sich die Frauenbeauftragte. Aber es habe keine solchen Probleme gegeben. Die Studentin habe sich, wohl aus Scham, nie wieder bei ihm blicken lassen. In ihrer Erfahrung als Frauenbeauftragte und im Austausch mit Kolleginnen könne sie sich an keinen aktuellen Fall erinnern. "Dass eine Studentin einen Professor falsch beschuldigt, ist meistens eine Sensationsmache und wird von den Medien hochgespielt."

Doch dass Frauenbeauftragte Fälle von Sexismus zum Schutz der Frauen dann lieber intern abhandeln, sieht die Diplompsychologin Monika Gerstendörfer kritisch. Sie hat schon 1994 in ihrem Buch "Sine laude! Sexismus an der Hochschule", eines der wenigen Bücher über das Thema, analysiert, warum das Schweigen der Studentinnen ihnen selbst schadet. "Das Sprechtabu arbeitet den Tätern ja zu, und man kriegt sie aus den Unibetrieben nicht raus", sagt Gerstendörfer. Aber sie könne auch die Frauenbeauftragten verstehen. "Sie haben wenig Macht und sollen aber gegen einen etablierten Professor vorgehen."

Gerstendörfer bekommt für die Neuauflage ihres Buchs von Studentinnen und Frauenbeauftragten viele aktuelle Fälle zugeschickt. "Belästigung findet immer mehr im Internet statt." Studentinnen bekämen E-Mails, in denen sie von Dozenten oder Kommilitonen mit sexistischen Bemerkungen konfrontiert würden, erzählt Gerstendörfer. Sie fordert deswegen, dass Sexismus an der Universität wieder mehr beachtet wird. "Hier sollte die Frauenministerin von der Leyen dringend eine umfassende Studie finanzieren."

Die Studentin Tanja Krause, der ihr Professor über die Haare strich, überlegt noch, sich offiziell zu beschweren. Auf eine Großkampagne gegen den Professor hat sie wenig Lust. "Eigentlich ist er nur ein Vollidiot."

* Die Namen der Studentinnen wurden geändert.

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11 Kommentare

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  • S
    Sarah

    Das ist niveauabhängig, Männer sind nach m.M: oftmals sachlicher und arbeiten disziplinierter in der Wissenschaft und an ihrer Karriere, erreichen daher fachlich mehr. Das merkt man auch daran, dass sie reden, wenn es etwas zu sagen gibt und nicht um des Redens Willen. Daher bekommen Sie wohl auch die besseren Stellen.

  • M
    Maja

    Es ist schockierend wieviele Frauen an Hochschulen mit sexueller Belästigung konfrontiert werden. Und wie wenig sensibel man für das Thema ist.

    In der Arbeitswelt wird man ständig angehalten zu konkurrieren. Die Kokurrenzkämpfe sind hart und gerade unter Männern sind Gewaltanwendungen normal. Man könnte Fragen warum es Frauen da besser haben sollten.

    Der Punkt ist der: Gewalt ist nie normal!

  • BB
    Bernd Burmeister

    0 Kommentare, sowas kann man auch schlecht kommentieren

  • UR
    Uwe Richard

    > Hier sollte die Frauenministerin von der Leyen dringend eine umfassende Studie finanzieren.

     

    Was wohl bei einer solchen Studie herauskommen wird ...

     

    Wer eine solche Studie fordert, _will_ nichts tun, um die Missstände zu beseitigen.

     

    Wenn jemand (m)eine Frau (sexuell) belästigt, und sich weigert, sich in meinem Beisein für sein schlechtes Benehmen zu entschuldigen, wird er nachher erleichtert sagen können: "Wat'n Glück, da bin ich ja nochmal mit 'nem blauen Auge davongekommen."

     

     

    Ein schönes Wochenende wünscht

     

    Uwe Richard

  • N
    Nico

    "Ein Student hat erzählt, dass er die Hausarbeit seiner Kommilitonin Jahre später bei demselben Professor abgegeben und dafür eine wesentlich bessere Note bekam." Studentin, 26, Berlin

     

    1. So sieht verantwortlicher Journalismus aus: "Ein Student hat erzählt, dass... ."

     

    2. Leute, die nur ein bißchen Ahnung vom Uni-Alltag haben, wissen, dass Hausarbeiten idR. nicht vom Professor gelesen, korrigiert und benotet werden, sondern von seinen MitarbeiterINNEn. Der Prof. macht idR. nur eine Plausibilitätskontrolle. Wenn also eine Hausarbeit Jahre später nochmal abgegeben und anders benotet wird, dürfte das daran liegen, dass mittlerweile ein/e andere/r Mitarbeiter/in korrigiert. Zudem ist die Notengebung immer relativ und hängt auch sehr stark von der Qualität der anderen abgegebenen Klausuren ab.

     

    3. Meine Erfahrung als Korrektur-Assistent an der Uni ist, dass ich Klausuren, die (der Handschrift nach zu urteilen) offensichtlich von Frauen geschrieben wurden (die meisten universitären Prüfung werden übrigens anonym, ohne Angabe des Geschlechts abgenommen), tendenziell besser benote, weil die Handschrift leserlicher ist. Das ist unfair. Aber bei einer Korrekturzeit von teilweise mehreren Stunden pro Klausur lässt man sich von solchen Dingen unweigerlich beeinflussen.

     

    4. Ich habe während meiner Studienzeit häufig das Gefühl gehabt, als Mann von Professoren, Dozenten, Verwaltung etc. benachteiligt zu werden. Da war ich auch nicht der einzige. Ich könnte auch ähnlich schwachsinnige Beispiel aufführen und vergleichbare Zitate von Kommilitonen zusammentragen. Und jetzt?

     

    5. Dass manche Frauen meinen, sich auf solche Pseudo-Benachteiligungen berufen zu müssen, ist tatsächlich ein Zeichen von Schwäche.

  • DK
    Dr K

    Dass Frauen auch heute noch bei Sexuellen Übergriffen (sogar Vergewaltigungen) eine Teilschuld zugesprochen wird, bringt sämtliche Phantasien einer weitgehend umgesetzten Gleichstellung zurück auf den Boden der Tatsachen.

    Da haben wir unsere christlichen Wurzeln! Insofern wäre es eigentlich recht ehrlich gewesen, diese in der EU-Verfassung einzugestehen. Das oben genannte Phänomen ("zu einer Vergewaltigung gehören immer zwei") ist umso präsenter, je einflussreicher die katholische Kirche ist; siehe das italienische Urteil, ein Mädchen habe Mitschuld an einer Vergewaltigung, wenn es enge Jeans trägt.

    Aber ich vergaß: der Moralkodex der abrahamitischen Religionen ist in dieser Hinsicht erstaunlich einheitlich. In der Türkei sieht es schließlich auch nicht besser aus.

    Vielleicht ist das einzige Serum gegen dieses religiöse Gift generationenlange Erziehung zu aufgeklärten, humanistischen Werten. Denn der Faktor "Katholon" schlummert in den Hirnwindungen auch der aufgeklärtesten Menschen.

  • M
    Mann

    ja genau

  • N
    NetReaper

    Die hier geschilderten Fälle sind natürlich schlimm. Aber was man ebenfalls nicht vergessen darf:

     

    >90 Prozent der Männer werden bereits vor dem Campus diskriminiert.

    Denn die im Grundgesetz beschriebenen Zwangsdienste betreffen ausschließlich Männer. Ein solches Gesetz ist ein klares Signal an alle Männer: "Frauen kommen mit solchen außergewöhnlichen Belastungen wie der Landesverteidigung und den Ersatzdiensten nicht klar, das müsst ihr schon selber regeln."

     

    Und da wundert sich noch jemand über zementierte Geschlechterrollen? Wer als Mann mit ansehen muss, wie er wegen seines Geschlechts diskriminiert wird, während Kommilitoninnen ein bis zwei Semester früher ins Studium gelangen, der zieht daraus seine Schlüsse. Leider. Anders wäre es mir persönlich lieber.

  • KH
    Kristin H

    "Wir schätzen, dass rund 30 Prozent aller Frauen an deutschen Unis Erfahrung mit sexueller Belästigung oder Diskriminierung gemacht haben." ...Das Problem sei: "Nur ein Bruchteil der Betroffenen meldet sich bei mir."

    "Ich schätze, dass 70% aller FeministInnen an meiner Uni frustriert sind weil sie schlechten oder gar keinen Sex haben. Nur ein Bruchteil gibt allerdings offen zu, Männer und gutaussehende Frauen deshalb zu hassen."

    Merkt ihr wie lächerlich willkürlich so eine Schätzung ist? Niemand bestreitet das sexuelle Belästigung auch an Unis vorkommt, aber die genannte Größenordnung ist einfach lachhaft.

  • AK
    Alexandra Kollontaijewa

    Danke für den ausgezeichneten Artikel!

    Wichtig finde ich übrigens, dass auch wir Frauen uns selbstkritisch beobachten, wie wir uns anpassen und die Verhältnisse dadurch reproduzieren.

     

    Beispiel: In manchem Seminar in einem Fach meines Studiums (in Germanistik) saßen weniger als 5 oder 6 Männer (Studenten). Etwa 3 davon fielen v.a. durch Quantität ihrer Beiträge auf, weniger durch Qualität, aber ca. 1 oder 2 andere, die auch oft was sagten, hatten tatsächlich oft was interessantes beizusteuern. Auch Männer also nicht in einen Topf werfen!

     

    Aber wir Frauen (Studentinnen)?! Weshalb haben fast alle fast überhaupt nie sich zu Wort gemeldet? Es war übrigens in den meisten Fällen nicht so, dass der Dozent oder die Dozentin dumme Sprüche über Beiträge von Frauen gemacht hätte. Nein, es war in den meisten Fällen ein verinnerlichtes Verhalten, wie es oft schon in der Schule (unbewusst) gelernt wird und seit Jahrhunderten von Frauen erwartet wird. Es waren in diesen Seminaren, von denen ich hier spreche, v.a. tatsächlich die absolute Mehrheit von uns Studentinnen selbst, die sich sexistisch verhalten haben!

     

    Übrigens, die meisten waren offenbar auch noch oft unvorbereitet (wie ich am Rande mitbekommen habe) und haben am Ende trotzdem ihren Schein kassiert, weil ja schon die Anwesenheit 'was zählt. (Hausarbeit und/oder Referat dann noch je nach Schein nötig). Das ist zusätzlich ätzend(!!!), 'liebe' 'Kommilitoninnen', gegenüber den anderen, die sich vorbereiten und auch umso öfter bloß stellen und zu Wort melden, und dadurch auch mehr riskieren (z.B. was "Falsches" zu sagen), z.B. weil sie das Schweigen nicht ertragen, v.a. wenn es eigentlich auch spannende Themen und spannende Texte sind, und auch die Dozentin/der Dozent sich sogar Mühe gegeben hat, ein für alle spannendes Seminar zu machen (was ja nicht immer der Fall ist). Absolut unfair finde ich dann, wenn Leute, die sich nie melden (z.B. Mitstudentinnen), denen, die oft was sagen, das auch noch vorwerfen (zumindest wenn deren Wortbeiträge nicht gar zu blöd sind).

  • BW
    Bernhard Wagner

    Ein sehr guter Artikel, und auch ein sehr wichtiger, leider. Manch eine/r wird vielleicht sagen, dass es oft vorkomme, dass Verhalten als sexistisch interpretiert werde, obwohl es sich dabei um ein Missverständnis handle, da eine Handlung ja nie ohne die Intentionen der Handelnden berurteilt werden könne, und diese aber eben oft missverstanden werden können. Das ist zwar richtig, aber die doch sehr eindeutigen Fälle von Chauvinismus im Besonderen, oder Sexismus im Allgemeinen sind dennoch so zahlreich, dass sie damit nicht abgetan werden können. Als Mann muss ich auch sagen, obwohl ich - nobody is perfect - keineswegs fehlerfrei zu sein beanspruche, sehr viele Männer schlicht und einfach nicht verstehe (womit ich das Problem übrigens nicht "personalistisch verkürzen" will, aber soziale Strukturen gibt es nicht ohne die je immer handlenden Personen).