Serdar Somuncu über Humor und Wut: "Was ist das für eine Scheiße hier?"

Der Kabarettist Serdar Somuncu hat 1.428 Mal aus Hitlers "Mein Kampf" vorgelesen. Nazigewalt überrascht ihn nicht. Wie viele Menschen mögen schon deutsche Comedy?

Serdar Somuncu hat genug vom Quatsch Comedy Club. Bild: dpa picture alliance

Der Kabarettist Serdar Somuncu, der mit szenischen Lesungen aus Hitlers „Mein Kampf“ bekannt wurde, ist nicht überrascht vom Neonazi-Terror in Deutschland. Er habe Machtansprüche der rechten Szene in seinen Auftritten selbst erfahren. „Wir haben an dieser Realität vorbeigelebt, Gelder gekürzt und Aufklärung und Prävention weitgehend totinstitutionalisiert“, sagt Somuncu im sonntaz-Gespräch in der taz-Wochenendausgabe. „Ich bin schon froh, wenn über rechtsradikale Gewalt mit der gleichen Vehemenz diskutiert wird wie über kriminelle Ausländer."

Somuncus Hauptwaffe ist die Wut. Solange Menschen wie Sarrazin Bücher schrieben und Leute sagten, der habe doch recht, gebe es auch noch genug Grund dazu. „Aufgrund der Diskussionen habe ich mich von langjährigen Freunden getrennt, weil die sich als Teilzeitnazis entpuppt haben“, sagt Somuncu. Wut könne dazu dienen, dass Prozesse in Gang kommen, eine Energie entstehen.

Der Kabarettist Somuncu ist mit Leidenschaft Provokateur und brüllt gern sein Publikum an. 1968 in Istanbul geboren, emigrierte er im Alter von zwei Jahren nach Deutschland. Er studierte Musik und Schauspiel, arbeitete als Schlagzeuger und spielte Theater.

Ins Comedy-Geschäft sei Somuncu hineingerutscht. „Weil ich Kohle verdienen wollte“, sagt er. „Dann habe ich schnell gemerkt: Okay, du kannst das ganz gut, die Leute lachen über dich. Dann wurde ich geil auf die Bekanntheit.“ Jeder Fernsehauftritt habe mehr Zuschauer gebracht, „aber plötzlich war ich auch im "Quatsch Comedy Club" und habe gedacht: Was ist das denn für eine Scheiße hier?“, erzählt er im sonntaz-Gespräch.

Mit dem Comedy-Business rechnet Somuncu auch in einem Lied auf seinem neuen Album „Dafür kommt man in den Knast“ ab. Sein Urteil über Lieblinge des deutschen Fernsehpublikums: Heinz Ehrhardt – „pupsiger, spießiger Wirtschaftswunderhumor“. Mario Barth - „was er sagt, bleibt scheiße“. Harald Schmidt - „Clown für die Intellektuellen“.

Wie Serdar Somuncu auf der Bühne mit Wut arbeitet, warum er jetzt singt und welches Problem deutsche Comedy hat lesen Sie in der aktuellen sonntaz. Am Kiosk, am eKiosk oder gleich //www.taz.de/zeitung/abo/wochenendabo/:im Wochenendabo. Und auf facebook.com/sonntaz

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