kurzkritik: sanft und grausam im Bremer Theater : Sehnsucht nach dem Kriegsverbrecher
Erst das Drama der Frau, dann das des Mannes: Zur Begegnung kommt es nicht mehr. Aber die beiden treffen einander. Mitten ins Herz. „Sanft und grausam“ heißt das Stück von Martin Crimp, das Samstag im Schauspielhaus Premiere hatte. Unfehlbar trifft Klaus Schumachers Inszenierung Crimps Konversationston, der Staatsaktionen auf Kammerspielformat dimmt und allen Schrecken überspielt – bis er umso erbarmungsloser über die Personen hereinbricht: Zwei Akte, zwei Tragödien. Die von ihr. Und die von ihm.
Sie heißt Amelia, eine selbstbewusste Frau mit Kurzhaarfrisur, aber zur Untätigkeit verdammt: Sie wartet auf die Rückkehr ihres Gatten. Der ist General und kommandiert die Truppen in einem zweifelhaften Anti-Terrorkampf. Ziemlich sicher ist er ein Kriegsverbrecher. Die eine Stadt hat er, so raunt es, nur überfallen, um sich die hübsche Laela als Beute zu sichern. Ihren langen Sehnsuchtsmonolog vergiftet Irene Kleinschmidt als Amelia zunehmend mit Eifersucht, das Tempo drängt – Wahnsinn: Sie schickt ihrem Mann etwas, was sie für eine Art Liebestrank hält. Es ist natürlich doch ein chemischer Kampfstoff. Ihr Mann wird zum Krüppel. Längst hat sie sich umgebracht, als Alexander Rossi die Bühne betritt: Schwitzend, auf Krücken gestemmt, ein Wrack, das einst ein Held war. Davor ermattet selbst die gerechteste Anklage. Die Schuld tritt zurück, die Sühne wirkt maßlos – die Aufführung perfekt. bes
Infos: www. bremertheater.com