: Sechs Jahre für einen tödlichen Messerstich
Landgericht verurteilt einen 18-Jährigen zu Jugendstrafe. Er hatte im Dezember einen anderen Jungen in einem Bus erstochen. Das Opfer wähnte sich wegen einer Überwachungskamera fälschlicherweise in Sicherheit
Nach einem tödlichen Messerstich gegen einen 18-jährigen Schüler in einem Linienbus der BVG ist der Täter wegen Totschlags zu sechs Jahren Jugendstrafe verurteilt worden. Das entschied gestern das Landgericht. Der ebenfalls 18 Jahre alte Täter hatte dem Oberschüler im vergangenen Dezember nach einem Streit an einer Haltestelle in Treptow ein Küchenmesser mit 20 Zentimeter Klingenlänge vor einer Überwachungskamera durch die Brust in das Herz gerammt. Die Tat aus „nichtigem Anlass“ geschah unter Alkohol- und Drogeneinfluss.
Der Schüler habe keine Mitschuld an der entsetzlichen Tragödie gehabt, sagte der Jugendrichter in der Urteilsbegründung. Der wegen Raubes vorbelastete Angeklagte habe schwere Schuld auf sich geladen, weil er im Wissen um seine Gewaltbereitschaft Drogen genommen und ein Messer eingesteckt habe.
Der 18-Jährige war an jenem Abend mit zwei Freunden eine Runde Bus gefahren, als der Schüler mit seiner Freundin zustieg. Einer seiner Kumpel belästigte das Mädchen, das spätere Opfer beschützte seine Freundin, es kam zum Streit. Als das Paar aussteigen wollte, mischte sich der Angeklagte ein. Der Schüler sagte in dem Moment: „Stich doch zu, hier sind Kameras, du traust dich wohl nicht.“
Offensichtlich verkannte der Angeklagte in seinem Drogenrausch die für ihn nicht gefährliche Situation und fühlte sich in die Enge getrieben, urteilte das Gericht. Um vor seinen Freunden nicht als Verlierer dazustehen, meinte er, reagieren zu müssen. Mit zorniger Miene habe er seinem Opfer in die Brust gestochen. Damit widerlegte das Gericht die Version des 18-Jährigen, der seinen eigenen Angaben zufolge nur den Arm treffen wollte.
Strafmildernd bewerteten die Jugendrichter eine Enthemmung durch Drogen, besonders aber die ehrlich gemeinte Reue des 18-Jährigen. Als der zu seiner Freundin geflüchtete Täter im Fernsehen erfuhr, was passiert war, brach er zusammen und weinte. Im Prozess hatte der Angeklagte gesagt, er sei inzwischen religiös geworden und sehe ein, dass sein früheres Leben keinen Sinn gehabt hatte. Er wolle außerdem seinen Schulabschluss nachholen, sagte er vor Gericht. DPA