Schwedische Fabrik für Saudi-Arabien: Deckname "Simoon"

Schweden plante im Geheimen ein großes Geschäft mit Saudi-Arabien. Nicht nur Waffen wollte man liefern, sondern gleich eine ganze Fabrik. Das flog jetzt auf.

Verträge müssen eingehalten werden, sagt Schwedens Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt. Bild: dapd

STOCKHOLM taz | Schweden gehört zu den westlichen Ländern, die seit Jahren kein Problem damit haben, ein autoritäres Regime wie Saudi-Arabien mit modernsten Waffen aufzurüsten. Aufgeflogen sind nun aber Pläne, gleich eine komplette Fabrik für Raketentreibstoff und -motoren zu liefern. Produkte, die möglicherweise auch gegen die innere Opposition eingesetzt werden könnten. Die schwedische Öffentlichkeit sollte das nicht erfahren.

„Simoon“ – arabisch: starker, trockener Wind – lautete der Deckname für das zwischen dem saudi-arabischen Verteidigungsministerium und „Totalförsvarets forskningsinstitut“ (FOI), einer staatlichen schwedischen Behörde für Militärtechnik und -forschung, ausgehandelten Projekt.

Die Regierung segnete den Deal ab, doch um die staatliche Beteiligung zu verschleiern, wurde eine Scheinfirma gegründet, die dann formal die Genehmigung zum Handel von Militärmaterial mit Saudi-Arabien erhielt.

Zwischen dem Chef der Behörde, die eigentlich die Einhaltung der Waffenexportgesetzgebung kontrollieren soll, und Vertretern der saudischen Regierung wurde verhandelt, wie am besten vorzugehen sei, damit das Geschäft auch von dieser Instanz genehmigt werden könne.

Ein Radiosender deckt auf

Aufgedeckt wurde der Deal in den vergangenen Tagen von „Sveriges Radio“, dem öffentlich-rechtlichen schwedischen Rundfunk. Die beteiligten Behörden und Ministerien bestritten im Vorfeld der Veröffentlichung jegliches Wissen und überhaupt die Existenz von „Simoon“ – bis sie mit den schriftlichen Beweisen konfrontiert wurden.

Die waren dem Rundfunk offenbar von Insidern gesteckt worden. Im parlamentarischen Waffenexportausschuss allerdings waren alle Parteien ordnungsgemäß informiert worden – keine reagierte.

Medienkommentare sprechen nun von „moralischer Havarie“ (Dagens Arena) und fordern: „Stoppt die Zusammenarbeit!“ (Dagens Nyheter). Die Friedensorganisation Svenska Freds wirft Stockholm ein „Doppelspiel“ vor mit einer „Friedensrhetorik nach außen und der Aufrüstung von Diktatoren im Geheimen“. „Klassisch konspirativ“ nennt der Konfliktforscher Wilhelm Agrell das Vorgehen der Politik: Öffentlichkeit und Kritik sollten umgangen werden.

Waffenindustrie braucht Aufträge

Schweden hat eine umfangreiche Waffenindustrie, die Aufträge braucht. Und Saudi-Arabien sei eben ein interessanter Kunde, sagt Pieter Wezeman vom Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri: Allein 20 Prozent des schwedischen Waffenexports gingen 2011 nach Saudi-Arabien.

Ob der Bau nach dem Auffliegen des Geschäfts verwirklicht wird, darüber gibt es nun Streit in der Regierung.

Nein, sagt der Verteidigungsminister.

Geschlossene Verträge müsse man einhalten, erklärt Ministerpräsident Reinfeldt. Die Exportindustrie warnt, es könne Schweden teuer zu stehen kommen, den Deal aufzukündigen.

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