Schwedens Königshaus bleibt im Gerede: Papa war braun
Der Vater von Königin Sylvia war Nazi und hatte während Hitlers Diktatur einen "arisierten" Betrieb übernommen. Darüber reden will sie aber bitte nicht.
STOCKHOLM taz | Walther Sommerlath war Nationalsozialist. Trat 1934 in die brasilianische Auslandsabteilung der NSDAP ein und übernahm bei seiner Rückkehr nach Deutschland 1938 eine Fabrik, die im Wege der "Arisierung" ihren jüdischen Eigentümern weggenommen worden war. Diese produzierte bald Kriegsmaterial für die Wehrmacht. Und Walther Sommerlath ist der Vater der schwedischen Königin Sylvia.
Und die Königin sowie das Königshaus haben bisher Schwierigkeiten, den richtigen Ton zu der Vergangenheit zu finden. So wie man bislang generell versäumt hat, die Verbindungen des Königshauses zu Nazideutschland aufzuarbeiten. "Nazi-Prinz" wurde Gustaf Adolf, der Vater des jetzigen Königs Carl XVI. Gustaf wegen seiner offenen Nazi-Sympathien immer wieder im Volksmund genannt.
Was den Umgang mit der Vergangenheit ihres Vaters angeht, hatte Königin Sylvia bislang alles andere als eine glückliche Hand. Sommerlath hatte 1976 anlässlich der Heirat seiner Tochter seine NSDAP-Mitgliedschaft geleugnet. Als diese nach seinem Tod 2002 aufgedeckt wurde, tat Sylvia das, was auch ihr Gatte vor einigen Monaten anlässlich des Enthüllungsbuchs über seine amourösen Abenteuer tat: Sie schwieg.
Im letzten Jahr versuchte sie dann plötzlich in einem Interview den NSDAP-Beitritt ihres Vaters zu rechtfertigen, meinte seine Harmlosigkeit mit der Bemerkung "Er war nie Soldat" unterstreichen zu können, und seine Fabrik hätte auch nie Waffen, sondern nur Material für den Zivilschutz hergestellt. Zum Hintergrund der "Arisierung" des Betriebs: kein Kommentar.
Vor einigen Wochen wurde im schwedischen Sender TV4 eine neue Dokumentation zum Thema ausgestrahlt. Wieder: kein offizieller Kommentar des Königshauses und Bitten um Interviews wurden abgelehnt. Doch in seiner Vorweihnachtspost fand Jan Scherman, Generaldirektor des Senders, einen persönlichen Brief von Königin Sylvia. In dem drückt sie ihren Missmut darüber aus, im Fernsehen in einem Atemzug mit der deutschen Nazigröße Adolf Eichmann genannt worden zu sein.
"Ich weiß nicht ganz, was sie damit will", schreibt Scherman nun in einer öffentlichen Stellungnahme zu diesem Brief: "Mir ein schlechtes Gewissen machen? Oder ist das eine Form von Druck?"
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Verkehrsvorbild in den USA
Ein Tempolimit ist möglich, zeigt New York City
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich