Schweden-Krimi in der ARD: Die Spur führt in die Ödnis
Die neueste Mankell-Verfilmung "Der Chinese" (Freitag, 30.12., 20.15 Uhr, ARD) ist langweilig, anspruchslos und klischeebeladen. Trotz oder auch wegen der vielen Schauplätze.
Freitagabend, Viertel nach acht. Viele Jahre lang hat diesen Termin in der ARD Hans-Wolfgang Jurgan, der unlängst zurückgetretene Degeto-Schmonzettenonkel, mit seinen nicht immer billig und gern auch mal unter Palmen gedrehten, auf so billige Weise eskapistischen Kitschprogrammen bespielt. Freitagabend will der Zuschauer im Ersten bedient und nicht beansprucht werden, hieß es stets lapidar.
Von Jurgan redaktionell verantwortet, sendet die ARD an diesem letzten Freitagabend im Jahr die dümmste, plumpeste und überflüssigste Mankell-Verfilmung aller Zeiten, in Überlänge, drei endlose Stunden lang.
"Der Chinese", nach dem gleichnamigen Roman von 2008. Da hatte Henning Mankell mit seinem berühmten Kommissar Wallander schon abgeschlossen, 2010 gleichwohl noch einen, so hatte er beteuert, allerallerletzten Wallander-Roman nachgeschoben. Keine Frage, der wird sicher auch wieder verfilmt, aber einstweilen gilt, dass die Wallander-Figur fernsehmäßig ausgelutscht ist.
Nein, nicht alle Mankell-Verfilmungen sind schlecht. Aber diese ist es. Inwieweit daran der große Mankell und inwieweit die Drehbuchautoren Fred ("Sophie Scholl - Die letzten Tage") und Léonie-Claire Breinersdorfer, Vater und Tochter, Schuld haben, vermag nur zu beurteilen, wer auch das Buch gelesen hat. Regisseur Peter Keglevic ("Du bist nicht allein - Die Roy Black Story") sollte auch nicht ganz aus der Verantwortung dafür entlassen werden, was auf der Mattscheibe erst mal nicht passiert.
Natürlich weiß sie alles besser
Fast die komplette erste Hälfte des Films, die in Schweden spielt, ist Exposition. In einem kleinen Dorf werden die Leichen einer ganzen Familie gefunden. Einziges noch übriges Familienmitglied ist eine Helsingborger Richterin (Suzanne von Borsody): "Wenn ich dazu beitragen kann, dass dieses Massaker aufgeklärt wird, dann ist das der letzte Dienst, den ich meinen Eltern erweisen kann. Und davon lass ich mich nicht abbringen!"
Die Heldin wäre also gefunden. Natürlich kann und weiß sie alles besser als die Polizei. Ein Besuch im örtlichen Chinarestaurant macht ihr klar, dass die Lösung des Falles nur in China liegen kann. Schauplatzwechsel, auf nach China. (Respektive Taiwan, wo gedreht wurde, denn, so das Presseheft: "Das Drehbuch wäre niemals durch die chinesische Zensur gekommen." Ob das auch für die schwedische Zensur gilt? Das schwedische Dorf wurde nämlich in Niederösterreich gedreht.)
Kanton ist eine Stadt mit knapp 8 Millionen Einwohnern, aber kaum angekommen, erkennt die Richterin den Angreifer auf der Straße wieder. Und er sie. Warum es die Chinesen so auf ihre Familie abgesehen haben, wird übrigens zwischendurch in Rückblenden erzählt, die aber nicht nach Schweden oder China, sondern in die USA führen (gedreht in Niederösterreich). Und weil der Degeto-sozialisierte Zuschauer eine Unterbrechung der Chronologie als zu anspruchsvoll empfinden könnte, sind die Rückblenden schwarz-weiß. Sicher ist sicher.
Einmal beschwert sich im Film ein Sinologieprofessor aus Kanton, dass "die Vorstellungen von diesem Land im Westen nur von Angst, Vorurteilen und Klischees bestimmt werden". Damit mag er nicht ganz falsch liegen, namentlich was dieses Machwerk angeht. Der Zuschauer sieht Turbokapitalismus, korrupte Apparatschiks, Exekution per Genickschuss, Buddhafiguren und Räucherstäbchen und hört Chinesen in Rätseln sprechen: "Die Feder steht für ein Leben, das weggeworfen wird. Und der Stein steht für einen Tod, der etwas bedeutet."
Klischees? Und apropos Sprechen, Sprache. In diesem Film spricht die ganze Welt Deutsch, Schweden, Amerikaner und Chinesen reden miteinander in tadellosem Deutsch. Vielleicht hat wenigstens Volker Kauder seine Freude daran.
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