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Archiv-Artikel

Schwarzenegger geht über Leichen kommentar von bernd pickert

Arnold Schwarzenegger hat sich entschieden, und Stanley „Tookie“ Williams ist tot. Innerhalb des Denkschemas, das der Todesstrafe zugrunde liegt, konnte Schwarzenegger kaum anders entscheiden – das zeigt die menschliche Verkommenheit dieses Systems auf. Von den Staatsanwälten bis zum Henker erfüllen alle nur ihre Aufgabe, die ihnen ihre Vorschriften so mundgerecht zerlegt hat, dass niemand Verantwortung, ja Schuld am Tod eines Menschen empfindet.

Schwarzenegger hat für sich da keine Ausnahme gemacht, die ihn hätte souveräner erscheinen lassen, als er sein will. Die Hinrichtung des Verurteilten ist der Normalfall, mit dem die Verantwortung abgeschoben wird. Für eine Begnadigung hätte er selbst geradestehen müssen. Das passt nicht zur politischen Lage: Schwarzenegger muss noch seine Niederlage bei den jüngsten Volksabstimmungen verkraften und steht unter starkem Druck seiner republikanischen Rechten. Pech für Stanley Williams.

Jede Hinrichtung, also die vorsätzliche, genau terminierte, von der Öffentlichkeit beobachtete Ermordung eines Gefangenen, ist ein Verbrechen. Das gilt völlig unabhängig davon, ob die getötete Person die ihr vorgeworfenen Taten tatsächlich begangen hat oder nicht, unabhängig auch davon, ob der Täter ein anderer Mensch geworden ist oder nicht. Jede Gesellschaft hat andere Möglichkeiten, Verbrecher zu bestrafen oder sich vor ihnen zu schützen. Jeder Mensch hat das Recht verdient, sich in die Gesellschaft neu zu integrieren. Die Todesstrafe schützt nicht vor Verbrechen, und sie nimmt Tätern wie Gesellschaft die Möglichkeit zum Menschsein. Denn dazu gehört die Bestrafung Schuldiger genauso dazu wie die Fähigkeit zur Vergebung.

Die Fernsehbilder aus San Quentin haben merken lassen, wie beklommen selbst jene Beobachter der Exekution wirkten, die die Todesstrafe verteidigen. Sie haben zugesehen, wie ein wehrloser Mensch umgebracht wird. Sie haben nicht eingegriffen. Auch die Reporter machten nur ihren Job. Der ganze Vorgang ist ein so radikaler Bruch mit allen Werten der Zivilisation, dass er nur unter Verweis auf das System zu überstehen ist. Zu einem Rechtsstaat aber passt das nicht.