Schummeln bei der Schulplatzvergabe: Mogel-Eltern auf die Finger schauen
Die Schulämter sollen genauer prüfen, ob Eltern bei der Schulanmeldung ihrer Kinder schummeln, fordert der Landeselternausschuss. Häufig würde für den Platz an der Wunschschule der Wohnsitz verlegt.
Der Landeselternausschuss (LEA) fordert striktere Kontrollen bei der Anmeldung von SchülerInnen. Hintergrund ist der am Dienstag bekannt gewordene Beschluss des Verwaltungsgerichts, wonach eine Schülerin sechs Wochen nach Schulbeginn von einem Gymnasium flog, weil ihre Mutter zum Schein in der Nähe der Schule ihren Wohnsitz gemeldet hatte. Das ist kein Einzelfall, sagt der LEA-Vorsitzende Günter Peiritsch: "Die Gesetze sind da. Aber manche Bezirke sorgen nicht genügend für die Umsetzung."
Im aktuellen Fall hatte eine Mutter die Familie kurz vor der Schulanmeldung ihrer Tochter an einer näher zum Gymnasium gelegenen Adresse scheinangemeldet. Als die Schulbehörde davon erfuhr, erkannte sie dem Mädchen den Schulplatz wieder ab. Das Verwaltungsgericht bestätigte am Dienstag diese Entscheidung.
Das Problem ist vielen Eltern bekannt. Um größere Chancen auf den Platz an der Wunschschule zu haben, tricksen sie beim Wohnort - und verlegen den kurzzeitig etwa zu Freunden. Was wiederum Eltern ärgert, die keinen Platz für ihr Kind ergattern konnten. Manche Bezirke wollen dies bisher nicht verhindern, so Peiritsch. Ihm sei berichtet worden, dass die Behörden Eltern aufgefordert hätten, "selbst Detektiv zu spielen" und andere Eltern zu denunzieren. Das sei völlig "unzumutbar".
Die grüne Bezirksstadträtin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann, kennt das Problem, will aber nichts von verstärkten Kontrollen wissen. Es sei "unvorstellbar, dass wir alle Eltern der Scheinanmeldung verdächtigen und überprüfen - in solch einem Überwachungsstaat möchte ich nicht leben", sagte sie der taz. Schon jetzt ließen sich einzelne Schulämter Mietverträge und GEZ-Anmeldungen als Nachweis zusenden. In ihrem Bezirk finde bislang eine Überprüfung nur statt, wenn ein konkreter Verdacht besteht. Der kann aber auch von denunzierenden Eltern kommen. "Das finde ich auch gruselig, aber wir können das Problem der Scheinanmeldungen derzeit mit Verwaltungsmitteln nicht lösen", sagt Herrmann.
Ganz anders die Einschätzung der Senatsverwaltung für Bildung. Hier scheint das Problem entweder unbekannt zu sein oder so brisant, dass man sich dazu nicht äußern möchte. Beate Stoffers, Sprecherin von Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD): "Von mir bekommen Sie dazu keine Stellungnahme." Sie verwies auf die Zuständigkeit der Bezirke.
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