■ Schöner leben: Wir sind Feinde
Es fängt immer harmlos an, doch zum Schluß stehen sich Feinde gegenüber. Schuld ist das Wetter.
Es geht um das Januarparadox. Die Tage werden rasch länger, doch das Wetter wird von Tag zu Tag unerträglicher. Der Schmuddelwinter scheint sich in alle Zukunft ausdehnen zu wollen. Da hat Irmi eine Erleuchtung: Insel, Sand und Sonne, blaues warmes Wasser und last minute, na? Knut: Klasse!
Jetzt also Irmi: tut, macht, rennt, telefoniert, informiert Freundinnen, La Palma oder so, das wird super, Knut! Knut (in Gedanken): Jo, jo.
Kurze Zeit später. Soll ich jetzt buchen, Schatz? Knut (schreckt auf): Was??? Irmi: Weißt doch, mit Biene und Karla und den Kleinen zwei Wochen Teneriffa, Ende Februar, den Winter überleben!
Der vorangehende Dialog ist von Paar zu Paar verschieden, doch was jetzt folgt, ist von Gesetzen bestimmt, die älter sind als wir. Irgendetwas hindert Knut, einfach Ja zu sagen (etwas, das älter ist als er). Erst zäh, dann immer sprudelnder drängen Einwände nach außen. Das Geld! Der Termin! Ausgerechnet Klara! Und dann noch Biene! Außerdem fahr ich doch eigentlich nie in Länder, wo ich die Sprache nicht spreche. Und hinterher wird man krank.
Wir lassen die beiden allein in ihren Elend, ja Elend, denn im Verlaufe des Disputes stellt sich heraus, daß Irmi ein komplett anderes Leben will als Knut, völlig andere Leute interessant findet, sich auf anderen Breitengraden aufhalten möchte als ihr Lebensgefährte, der sowieso am liebsten in Norwegen wandert. Sprichst du eigentlich Norwegisch?? – Knut (mürrisch): Die sprechen doch alle Deutsch.
Urlaub: das ganze Leben im Uhrglas. Schaut man rein, erblickt man die Wahrheit über die Beziehung: Wir sind Fremde, Monaden, allein im Raum.
Wir sind Feinde. Du willst also nicht!? Knut, verbiestert, mit flatterndem Blick: Nnein. Irmi (endgültig, gedehnt, mit ätzendem Unterton): Na gut.
Irmi fährt mit Karla eine Woche Langlaufen in den Harz. Knut wird im März mit zwei alten Freunden auf Madeira wandern. Er will Portugiesisch lernen. Wir sind nicht füreinander geschaffen.
Burkhard Straßmann
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