Schöner Müll Einst waren Lamellenvorhänge aus keinem Büro wegzudenken – bis nichts mehr vor, nichts zurück ging. Aber das Material, sagt unsere Autorin, ist super: Eine wundersame Verwandlung
Von Christina Spitzmüller
Sie waren mal der Hit: Lamellenvorhänge aus Metall. Aber je länger sie hingen, desto mehr ließ die Begeisterung nach. Denn verstaubte Lamellenvorhänge – vor allem die weißen – verlieren ihren Charme. Und wer hat sie jemals geputzt, mit dieser Spezialbürste, eine Lamelle nach der anderen?
Hinzu kommt, dass der Hochziehmechanismus oft irgendwann auf einer Seite nicht mehr funktioniert: Alles hängt schräg. Dann bricht der Stab ab, mit dem man den Winkel der Lamellen einstellen kann. Und einzelne Lamellen bekommen mit der Zeit Dellen.
Hört sich an, als stammten Lamellenvorhänge aus dem letzten Jahrtausend – und es ist ja auch so. Sie waren beliebt in Büros und Schulen und manche haben sich lange gehalten. In der taz hängen sie noch, in Gelb, in Blau. Niemand zieht sie mehr hoch und runter, sie hängen einfach vor den Scheiben herum.
Ich fand welche im Müll im hinteren Treppenhaus des taz-Gebäudes. Sie sind ausgetauscht worden gegen eine Hightechjalousie aus Hightechmaterial, das schon am ersten Tag neue Tücken offenbarte. Aber das ist eine andere Geschichte, hier geht es um die alten. „Kann ich die haben?“ Ja, klar.
Das Material ist super. Aus den Lamellen lassen sich Körbe herstellen: für Wäsche, Papiermüll, Handtücher im Bad, Krimskrams. Schwierig ist es nicht, sie zu machen. Man braucht nichts als die Lamellen. Die sehen zuerst, so losgelöst aus der Jalousie, noch verwegener aus als im Vorhang. Lang sind sie, ungelenk. Hässlich auch. Aber nach einem warmen Bad und fertig verarbeitet machen sie eine hübsche Figur.
Das Flechtprinzip für die Körbe dürfte aus der Grundschule bekannt sein, wo Osterkörbchen in ähnlichem Stil gebastelt wurden. Die Lamellen rutschen zwar gerne weg und wollen sich nicht so dicht weben lassen. Aber es lohnt sich, da hartnäckig zu bleiben.
Mir gefallen dicht gewebte Körbe. Wer mag, kann auch etwas lockerer vorgehen. Nur gleichmäßig sollte es sein – sonst wird der Korb später krumm und schief.
In Korbform haben die Lamellen wieder Charme. Und wem die Farbe nicht gefällt, der kann sie übersprayen. Gold, zum Beispiel, passt meistens. Oder Schwarz, die zeitlose Farbe.
Anleitung
1. Sie brauchen eine alte Metalljalousie, aus der Sie die Lamellen heraustrennen. Wenn Sie die Schnur sorgfältig aus der Halterung rausfädeln, können Sie die Lamellen lösen, ohne die Schnur zu zerschneiden und diese dann später für andere Projekte weiterverwerten – sie ist sehr robust. Eine Jalousie reicht meist für zwei Körbe.
2. Je nach Grad der Verstaubtheit müssen die Lamellen gewaschen werden, am besten in der Badewanne mit Spülmittel.
3. Die Grundlage des Korbs bilden vier über Kreuz gelegte Lamellen, je zwei in eine Richtung. An dieses Quadrat werden weitere Lamellen gewebt. Dabei darauf achten, dass das ursprüngliche Quadrat stets den Mittelpunkt bildet und das, was von den Lamellen noch absteht, überall gleich lang ist. Die Lamellen sollten möglichst dicht gewebt werden. Der Boden des Korbs kann, je nach gewünschter Korbform, quadratisch oder rechteckig sein. Es empfiehlt sich, den Umfang des Korbs nicht größer zu wählen als knapp die Länge einer Lamelle.
4. Jetzt kommen die Seitenwände: Ist der Boden groß genug, die überstehenden Lamellen nach oben knicken.
5. Nun die übrigen Lamellen als Ringe um die hochgeknickten Lamellen weben. Sie müssen am Ende jeder Runde noch etwas übereinanderlappen. Dann kann man sie dort doppelt verweben – und braucht keinen Klebstoff, um sie zu fixieren. Wer sie aber verkleben will, kann das trotzdem tun.
6. Bis zur gewünschten Höhe des Korbs weben, mindestens jedoch 15 Zentimeter der Lamellen überstehen lassen. Diese nun nach innen knicken und dort ins Gewebte hineinschieben. Nun die Ecken des Korbes knicken, um ihm die richtige Form zu geben.
7. Nach Belieben mit Farbe ansprühen oder so belassen. Jetzt noch mit etwas Nützlichem befüllen und einen netten Platz finden.
Die Genussseite: Autorinnen der taz beschreiben, wie aus Müll schöne Dinge werden. Außerdem im Wechsel: Autoren der taz kochen mit Flüchtlingen, Jörn Kabisch befragt Praktiker des Kochens, und Philipp Maußhardt erzählt vom Essen in großen Runden
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