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■ Schöner LebenDer Beate-Uhse-Adventskalender

Wie ich einmal einen Beate-Uhse-Adventskalender, den mir meine Liebste geschickt hatte, in der taz aufhing...

Erstes Türchen: Kollege S. steuert an meinem Schreibtisch vorbei, hält inne, geht unauffällig einen Schritt zurück, läuert vorsichtig – und geht weiter.

Zweites Türchen: „Hast du heute schon ein Türchen aufgemacht?“ Kollegin M. ist unübersehbar aufgeregt und lacht sich schier kaputt über die sich lasziv räkelnde Dame. Fortan wird sie täglich an das Türchenöffnen erinnern. Beates größter Fan.

Drittes Türchen: M. hat mich erinnert. Während ich an der Barbusigen fummele, um die „3“ zu öffnen, gellt ein Pfeifen durch die heiligen Redaktionshallen. Alle gucken unschuldig.

Viertes Türchen: Das vierte Türchen läßt sich nicht öffnen, da es sich in der rechten oberen Ecke befindet. Da hat jemand den Button „Es gibt Wichtigeres – taz“ drübergehängt.

Fünftes Türchen: Die Inserentin einer „Biete Zimmer in reiner Frauen-Nichtraucherinnen-Vegetarierinnen-Teetrinkerinnen-Birkenstockträg erinnen-p.c.-WG“-Anzeige bekommt beim Anblick des guten Stücks fast eine Herzattacke. Der verkniffene Gesichtsausdruck entlädt sich nicht in einem Schwall böser Worte, als sie mein Geschlecht erkennt. Schach.

Sechstes Türchen: Kollege G. empfängt mich mit den Worten: „Echt, wenn das meiner wäre, da wär' hier aber was los..!“ Seine Worte lassen unverhohlen auf Neid schließen. Triumphierend erkläre ich ihm, daß ich mich als feministische, dem Lustprinzip zugeneigte und der generellen Reduzierung von Frauen zum Objekt durchaus bewußte weibliche Homosexuelle vom Sexismusvorwurf insofern freispreche, als mir durch den Wegfall der Geschlechterfrage in der visuellen Subjekt-Objekt-Beziehung, welche in jeder visuellen menschlichen Kontaktaufnahme impliziert ist, die Betrachtung weiblicher Körper durch die Freiheit jeglichen Machtgefälles gestattet sei – einfach so. Kollege G. mault und wäre in diesem Moment auch gern lesbisch.

Siebtes Türchen: „Tust du mir einen Gefallen?“ Kollegin P. kniet neben mir. „Nimmst du das Ding bitte mit nach Hause?“

Susanne Kaiser

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