Schlechte Chance für Niedriglöhner: Genug Arbeit, wenig Lohn
Zu den Armen zählen nicht nur die Hartz-IV-Bezieher - auch Niedriglöhnern gelingt immer seltener der Aufstieg. Und ihre Zahl wird größer.
GELSENKIRCHEN taz/epd Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung nennt sie in seinem Bericht freundlich "Armutsgefährdete Schicht": Menschen, die aufs Jahr gesehen unter siebzig Prozent des mittleren Einkommens von 16.000 Euro Haushaltsnetto kommen. Zu ihnen gehören aber nicht nur Arbeitslose, Rentner oder Hartz-IV-Empfänger, sondern zunehmend auch die sogenannten Niedriglöhner. Mit ihnen befasst sich eine aktuelle Studie der Universität Duisburg-Essen.
Die meisten Beschäftigten im Niedriglohnbereich schaffen den Aufstieg in eine bessere Position auf dem Arbeitsmarkt nicht. "Die Aufstiege aus dem Niedriglohnbereich sind in den letzten Jahren deutlich rückläufig", erklärte der Arbeitsmarktexperte Thorsten Kalina vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität.
Nach einer neuen Studie sei es Ende der 80er-Jahre in Westdeutschland noch fast jedem Fünften vollzeitbeschäftigten Niedriglöhner gelungen, im Folgejahr einen besser dotierten Job zu finden. Von 2004 auf 2005 war dies bei nur noch 8,6 Prozent der Beschäftigten der Fall. Mehr als zwei Drittel (68,8 Prozent) der Niedriglohnbeschäftigten schafften den Aufstieg nicht. Im Gegenteil, knapp 14 Prozent waren im nächsten Jahr arbeitslos oder nicht mehr sozialversicherungspflichtig beschäftigt, die Übrigen wechselten in Teilzeit oder Minijobs.
Die Chancen, sich wieder nach oben zu arbeiten, stehen vor allem für ältere Arbeitnehmer schlecht. Nur 4,2 Prozent der über 54-Jährigen und nur 5,5 Prozent der 45- bis 54-Jährigen gelang der Aufstieg. Etwas höher liegt ihr Anteil bei den ausländischen Beschäftigten, der Untersuchung zufolge schafften 6,9 Prozent den Sprung in einen besser bezahlten Job, bei den gering Qualifizierten waren es 7,1 Prozent.
Auffällig auch: Während 12 Prozent der Männer der Aufstieg aus dem Niedriglohnsektor gelang, schafften dies nur 6,3 Prozent der Frauen. Von denjenigen, die gut qualifiziert mit Universitäts- oder Fachhochschulabschluss zu Billiglöhnen arbeiteten, erreichten immerhin 18,1 Prozent einen besser bezahlten Posten.
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