Schlag gegen die kolumbianische Farc: Ende eines Terroristen
Immer mehr Spitzel konnte das kolumbianische Militär in die Guerilla einschleusen. Nun kam bei einer Großaktion der militärische Anführer der Farc ums Leben.
Die Farc ist kopflos. Kolumbiens größte und älteste Guerilla, die Revolutionären Streitkräfte (Farc), hat ihren Militärchef verloren. Mono Jojoy alias Jorge Briceño alias Julio Suárez Rojas starb wahrscheinlich am Mittwoch bei einem Angriff auf seinen Bunker. Die Armee veröffentlichte Fotos eines Leichnams, die ihn zeigen sollen.
Nach Jahren der Jagd ist es der Armee offenbar gelungen, den 58-Jährigen und seine Truppe aufzuspüren. Nicht weniger als 30 Flugzeuge und 27 Hubschrauber waren laut offiziellen Angaben an der gemeinsamen Aktion von Luftwaffe, Infanterie, Marineinfanteristen und Dschungelpolizei südöstlich der Hauptstadt Bogotá beteiligt. Unter den 20 Toten soll sich auch die 32-jährige Niederländerin Tanja Nijmeijer befinden.
Präsident Juan Manuel Santos, der vor seiner Abreise nach New York noch bei einem Treffen mit dem Generalstab den Einsatzbefehl zur "Operation Sodom" gegeben hatte, meldete sich Donnerstag vom Sitz der Vereinten Nationen mit einer triumphierenden Botschaft an die Nation: "So enden die Terroristen."
Er feierte den Erfolg seiner Militärs als den "zweifelsfrei bisher härtesten Schlag" gegen die Farc und forderte die Rebellen auf, die Waffen niederzulegen oder zu desertieren: "Auch ihr wurdet von einem Henker befreit, der euch bei jedem Verdacht mit dem Tod bestrafte."
In der Tat hatte Julio Suárez Rojas, wie sein bürgerlicher Name lautet, den Ruf eines besonders rücksichtslosen Kommandanten. Auf sein Konto gehen einige der brutalsten Überfälle und Hinterhalte, so etwa die Ermordung des Viehzüchterpräsidenten Raimundo Sojo Zambrano im Jahre 1995 oder des liberalen Abgeordneten Diego Turbay Cote Ende 2000.
Auch die Ermordung zweier 1994 gekidnappter US-Missionare wird ihm zugeschrieben. Ehemalige Geiseln erinnern sich an ihn als grausamen Kerkermeister. Fünfmal wurde er bereits in Abwesenheit wegen Mordes, Terrorismus und Kidnapping verurteilt. Von den USA liegt ein Auslieferungsbegehren wegen Drogenhandels vor.
Mono Jojoy hat praktisch sein ganzes Leben in der Guerilla verbracht. Nach eigenen Aussagen war er bereits im Kindesalter als Bote eingesetzt worden. Zwar sind weder sein Geburtsdatum noch sein Geburtsort eindeutig belegt, doch soll er als Sohn einer Köchin von Jacobo Arenas praktisch in die Rebellenarmee hineingeboren worden sein.
Luis Alberto Morantes alias Jacobo Arenas, der vor zehn Jahren in den Bergen starb, war Chef der KP und gilt als Gründer der Farc. Mono Jojoy gehörte seit einigen Jahren dem siebenköpfigen Sekretariat an, der obersten Kommandogruppe der Organisation.
Der Mann, der über praktisch keine formale Bildung verfügte, galt als der große Militärstratege. Außerdem war er eine zentrale Bezugsperson für das Fußvolk, das hauptsächlich in den Dörfern rekrutiert wurde. Er sprach ihre Sprache und hatte daher einen Zugang zur Basis, der den anderen, eher intellektuellen Anführern fehlt.
Innerhalb von drei Jahren hat die Farc viele militärische Rückschläge hinnehmen müssen und ihre wichtigsten Kommandanten verloren. Der legendäre Anführer Manuel Marulanda alias Tirofijo starb im März 2008 eines natürlichen Todes. Der ehemalige Verhandlungsführer Raúl Reyes wurde kurz vorher bei einem Angriff auf sein Lager auf ecuadorianischem Territorium getötet. Comandante Iván Rios wurde von einem Verräter erschossen.
Das zentrale Problem der einst so erfolgreichen Guerilla scheint zu sein, dass Armee und Polizei immer mehr Spitzel einschleusen konnten. Auch die Entdeckung des bombensicheren Bunkers, wo sich Mono Jojoy aufhielt, dürfte eingeschleusten Agenten zu verdanken sein. Immer wieder werden auch Dokumente mit strategischen Plänen erbeutet. Experten sichten gerade die im Bunker gefunden 15 Computer und 60 USB-Sticks.
Der von Mono Jojoy angeführte Bloque Oriental der Farc war nicht nur die größte, sondern galt als die kämpferischste der Kampfeinheiten. Unter dem Druck der Paramilitärs und der von den USA hochgerüsteten Armee mussten die kommunistischen Rebellen während der letzten Jahre bereits einige Fronten aufgeben. Zu größeren militärischen Operationen sind sie kaum mehr imstande.
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