: Scheinheilige Horner -betr.: Unterbringung obdachloser Drogenabhängiger im ehemaligen "La Campagne"
Betr.: Unterbringung obdachloser Drogenabhängiger im ehemaligen „La Campagne“
Nach Oberneuland nun eine Initiative in Horn gegen die Unter- bringung obdachloser Drogenabhängiger. Dahinter steht der Anspruch, man könne sich von den unangenehmen, bedrohlichen Seiten unserer Gesellschaft, deren Annehmlichkeiten man durchaus beansprucht, freikaufen. Solange andere Stadtteile und Ihre Bewohner – insbesondere das „Viertel“ – dieses Problem für die ganze Stadt getragen haben, waren die Welt und die bremische Drogenpolitik für diese Bürger offenbar in Ordnung.
Dabei schlagen alle Argumente, die jetzt gegen die Nutzung des ehemaligen Hotels „La Campagne“ als Haus für Drogenabhängige vorgebracht werden, auf die zurück, die sie benutzen:
*Da sollen Kinder geschützt werden – wo war der Aufschrei dieser Bürger, als die Verhältnisse an der Schule Schmidtstr. Bremen bundesweit traurige Berühmtheit verschafften?
*Ein Jugendheim spricht dagegen – wo war der jetzt so lautstarke Protest, als sich Drogenprostitution unmittelbar vor einem Kindergarten und einem Jugendfreizeitheim abspielte?
*Alte Leute fürchten um ihre Sicherheit – haben die älteren Menschen im „Viertel“ nicht die gleichen Ansprüche darauf, sich sicher bewegen zu können?
Wer seine Argumente so einseitig auf den eigenen Stadtteil bezieht und nur dann aktiv wird, wenn die „Idylle“ vor der eigenen Haustür bedroht ist, darf sich nicht wundern, wenn andere hinter dem Schleier der vielen Worte letztlich nur das „nicht bei uns“ hören.
Drogenpolitische Vernunft und Menschlicnkeit gegenüber den Drogenkranken erfordern eine rasche Umsetzung des Projekts, ohne auf Wählerstimmen zu schielen.
Stefan Schafheitlin,
„Wir im Viertel“
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