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■ ScheibengerichtLoreena McKennitt

The Mask and Mirror (WEA)

An dieser Stelle war ein Text über die großartige Bardin June Tabor geplant. Nun, irgendein Promotor sitzt auf ihrer neuen Platte und läßt sie sich um keinen Preis entreißen. Loreena McKennitt hat sicher nicht weniger Hochachtung verdient. Die in Großbritannien und ihrer Heimat Kanada hochgeachtete Komponistin, Sängerin und Schauspielerin scheint sich auf den ersten Blick mehr für die Geschichte als für die Gegenwart zu interessieren. Mit ihrer romantisierenden Synthese aus Traditionals und Dancefloor-Zitaten reist sie zurück ins 15. Jahrhundert: Kreuzzüge, Pilgerfahrten, Tausendundeine Nacht, Juden, ägyptische Sufis, keltische Bildsprache und Evangelium liefern die Software für McKennitts geschichts- und musikarchäologisches Programming. Im Archiv der Weltliteratur wird ebenso gebildet geplündert und etwas Shakespeare, Yeats oder ein Gedicht des heiligen Johannes vom Kreuz entnommen.

Auch die Hardware darf gern älter sein: So gräbt McKennitt die alte irische Bodhr wieder aus, ein mit Ziegenfell bespanntes Instrument, das bei irischen Traditionalisten noch heute verpönt ist, weil es eigentlich mal zum Trennen von Spreu und Weizen verwandt wurde. Bodhr, Hurdy-Gurdy (eine Art Drehleier), Dumbek, indische Tabla und immer wieder eine Harfe weben den ohne Zweifel nicht originalen, aber sehr schönen Teppich, auf dem sich McKennitts ätherischer Gesang zur Freude aller Traumtänzer niederläßt. Geschichte, zu einem zierlich und kostbar ausgestatteten Bilderbuch stilisiert, aber auch mit gewissen einfachen Sichtblenden versehen.

Da setzt McKennitt zum Beispiel für den spanisch-maurisch inspirierten „Mystic Dream“ Gesänge vom Victoria Scholars Choir ein, die wiederum gregorianisch arrangiert sind und die orientalischen Einflüsse gewissermaßen klerikal überformen. „The Bonny Swans“ erzählt die – auch in der Version der Folkband Pentangle berühmt gewordene – irische Fabel eines Mädchens, das aus Eifersucht von seiner Schwester ertränkt wird. McKennitts metaphysisches Kunstsampling macht, wenn auch streng formal aufgebaut, sehr visuelle Angebote von tiefen Seen, schattigen Wäldern, dunklen Kirchen und orientalischen Basaren. Das ist sicher nicht wenig Kunst um der Kunst willen, aber wunderhübsch anzuhören. Was ihr manchmal fehlt, ist Ironie.

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