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■ ScheibengerichtErich Wolfgang Korngold

Symphonie in Fis op. 40, Much ado about nothing op. 11 (Nos. 2–5). London Symphony Orchestra, André Previn (DG)

Seinen kompositorischen Zenit hatte Erich Korngold (der gerade seinen 100. Geburtstag gehabt hätte) mit 13 Jahren zwar noch nicht überschritten, aber bereits im zarten Knirpsenalter verblüffte er nicht nur seine Heimatstadt Wien mit Kompositionen, die irgendwie so gar nicht nach Kleine-Jungs- Matrosenanzug klangen. Heute fast unbekannt, war Korngold in den Zwanzigern einer der bekanntesten Bühnenkomponisten im deutschsprachigen Raum, betätigte sich während der Nazi-Zeit in Hollywood als Filmkomponist (inkl. Oscar), bevor er sich nach dem Krieg erneut der „absoluten“ Musik zuwandte. Auf einer neuerschienenen CD ist nun u.a. eines dieser Spätwerke, die Fis-Dur- Symphonie von 1951/52 zu hören, und der Dirigent André Previn tut gut daran, Korngold samt seiner Symphonie nicht ins Gustav-Mahler-Wien zurückzuschicken. Vielmehr zeigt er hier die – nicht nur zeitliche – Nähe zu Korngolds Zeit als Filmkomponist auf, und wie sehr Korngolds ausgeprägte dramatische Kraft auch unabhängig von einem unmittelbaren Bühnengeschehen wirksam sein kann.

Die nach Shakespeares „Much ado about nothing“ komponierte Suite (hier in der Fassung für Kammerorchester), die Korngold ursprünglich als Musik für Pantomime schrieb, ist eine ausgelassene Spielerei des erfolgsverwöhnten Twen, der sich auf der Gewinnerstraße weiß und sein damals „wienerisches“ Idiom und die Nähe zu Strauss und Strauß mit größtem Selbstbewußtsein auszuleben scheint. Wenn auch die Ausgelassenheit und der Bezug zur Komödie bei Previn ohne weiteres noch drastischer hätte ausfallen können, zeigt die Aufnahme doch deutlich die Wiener Schule. Korngold verließ die Dur-Moll-Tonalität auch im Spätwerk nie vollständig und pflegte noch als Erwachsener die kindertypische Vorstellung, daß die Musik ohnehin bereits „fertig“ im Weltall sei. Komponieren bedeute nur, sie zu finden.

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